Estland: Aufenthaltsbewilligung des Oberhaupts der Estnischen Orthodoxen Kirche nicht verlängert
Die estnischen Behörden haben entschieden, die Aufenthaltsbewilligung von Metropolit Evgenij (Reschetnikov) nicht mehr zu verlängern. Das Oberhaupt der Estnischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats (EOK–MP) ist russische Staatsbürger. Die Behörden begründeten den Schritt mit Metropolit Evgenijs öffentlichen Äußerungen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Trotz Warnungen habe er seine Rhetorik, die „den Werten und dem rechtlichen Umfeld Estlands nicht entspricht“, nicht geändert, erklärte der Pressedienst des Grenzschutzes. Deshalb sei der Metropolit als „Bedrohung für die Staatssicherheit“ eingestuft worden.
Laut estnischen Medien hat Metropolit Evgenij vier Jahre mit einer temporären Aufenthaltsbewilligung im Land gelebt, kurz vor der Großinvasion Russlands in die Ukraine wurde sie um zwei Jahre verlängert. Die Bewilligung läuft am 6. Februar 2024 aus. Da es keine weitere Grundlage für seinen Aufenthalt in Estland, beispielsweise nahe Verwandte im Land, gebe, werde er nach Ablauf der Frist Estland verlassen müssen.
Der Rat Christlicher Kirchen Estlands zeigte sich überrascht. Er sei überzeugt gewesen, dass alle in Estland aktiven Kirchen und ihre Vertreter immer zur Zusammenarbeit bereit seien und es mit ihnen keine Probleme gebe, sagte Ratspräsident Urmas Viilma, Erzbischof der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Radio. Der Rat habe bereits Kontakt zum Innenministerium aufgenommen und darum gebeten, einen Vertreter an das nächste Arbeitstreffen des Rats zu entsenden, um „Erklärungen zu liefern und Informationen zu teilen“. Allerdings sei bereits klar geworden, dass es nicht um religiöse Aktivitäten, sondern um Sicherheitsfragen gehe. Als Kirchenvertreter könnten sie dies nicht kommentieren, da ihnen die entsprechenden Informationen der Sicherheitsbehörden fehlten, erklärte Viilma weiter. Außerdem will sich der Rat mit der EOK–MP, die Mitglied des Gremiums ist, austauschen.
Metropolit Evgenij musste bereits mehrfach seine widersprüchliche Positionierung zum Ukraine-Krieg gegenüber den estnischen Behörden erklären. So wurde er im Februar 2023 ins Innenministerium zitiert, weil die EOK–MP mit einer pro-russischen NGO ein Friedensgebet für die Ukraine geplant hatte. Im Oktober 2022 verlangte das Innenministerium eine Distanzierung Evgenijs von den Aussagen des russischen Patriarchen Kirill, der den Krieg aktiv unterstützt, und drohte ihm dabei den Entzug der Aufenthaltsbewilligung an. Andererseits hat der Metropolit ein Statement des Rats Christlicher Kirchen Estlands mitunterzeichnet, in dem der Krieg verurteilt wird. (NZ)