Skip to main content

Frankreich: Prof. Dr. Olivier Clément gestorben

17. März 2009

Die Orthodoxie hat einen ihrer profiliertesten Theologen verloren: Olivier Clément verstarb nach langer schwerer Krankheit im Alter von 87 Jahren am 15. Januar 2009 in Paris. Von den orthodoxen Theologen der Gegenwart hat er sich am intensivsten und in sprachgewaltiger, in der Tradition der Kirche verwurzelten Reflexionen mit der Moderne auseinandergesetzt.

Olivier Clément war Gesprächspartner und Freund von Persönlichkeiten wie Patriarch Athenagoras, Papst Johannes Paul II., dem rumänischen Priester und Theologen Dumitru Staniloae, Archimandrit Sophrony (Sacharov), Bruder Roger von Taizé sowie den Mitgliedern der katholischen Laiengemeinschaft Sant' Egidio. Papst Johannes Paul II. hatte ihm 1998 die Abfassung der Meditation für den Kreuzweg am Karfreitag (Via Crucis) übertragen. Olivier Clément hinterlässt ein reiches Erbe mit mehr als 30 Werken zu Theologie, Kirchengeschichte und Spiritualität sowie eine Fülle von Artikeln, die hauptsächlich in der französischen orthodoxen Zeitschrift Contacts erschienen sind; er war deren Chefredakteur seit 1959.

Olivier Clément wurde 1921 in Aniane / Hérault im Süden Frankreichs geboren; als Kind war er nicht getauft worden und hatte keine religiöse Erziehung erhalten. Als Jugendlicher las er unter dem Einfluss Rilkes das Evangelium, ohne jedoch gläubig zu werden, setzte sich während seines Geschichtsstudiums, das er mit der Promotion abschloss, mit zahlreichen philosophischen Werken sowie später mit Hinduismus und Buddhismus auseinander, bis er schließlich zu Beginn der 50er Jahre durch die Arbeiten Nikolaj Berdjaevs, Paul Evdokimovs und Vladimir Losskys die Väter des Ostens entdeckte und 1952 in der orthodoxen Kirche die Taufe empfing. Er arbeitete als Gymnasiallehrer, studierte parallel dazu am orthodoxen Theologischen Institut St. Serge, wohin er nach Studienabschluss berufen wurde und wo er über 35 Jahre als Professor für vergleichende Theologie und Moraltheologie wirkte. Darüber hinaus hielt er Vorlesungen am Institut für Ökumenische Studien in Paris, ferner an der 1984 von Jean-Marie Kardinal Lustiger gegründeten Hochschule der Erzdiözese Paris (Ecole cathédrale) sowie am Centre Sèvres, der theologischen Hochschule der Jesuiten. Er wurde mit dem Ehrendoktor der Universitäten Louvain/Leuven, Bukarest und Connecticut ausgezeichnet. Neben seiner Lehrtätigkeit wirkte Olivier Clément u. a. von 1967 bis 1997 als Berater des «Inter-bischöflichen orthodoxen Komitees» und als Mitglied der Gemischten Kommission für den katholisch- orthodoxen sowie den bilateralen protestantisch-orthodoxen Dialog.

Dem Totengottesdienst in der Kirche des Instituts St. Serge am 20. Januar stand der Metropolit des Ökumenischen Patriarchats, Emmanuel (Adamakis, *1958), Vorsitzender der Versammlung Orthodoxer Bischöfe in Frankreich, vor. Ihm konzelebrierte Erzbischof Gabriel (De Vylder, *1946), Oberhaupt der Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa des Ökumenischen Patriarchats. Mehrere Metropoliten - Jean vom Patriarchat Antiochien, sowie Teofan (Savu, *1959) von Ias¸i, Seraphim (Ioanta?, *1948) von Mitteleuropa und Iosif (Pop, *1966) von Paris und Westeuropa des Patriarchats Rumänien nahmen an den Trauerfeierlichkeiten teil; die rumänischen Metropoliten waren während ihres Studiums an St. Serge zu Paris Schüler Olivier Cléments. Auch hochrangige Vertreter der katholischen Kirche, darunter der Apostolische Nuntius in Frankreich, Mgr. Baldini, gaben dem Verstorbenen das letzte Geleit. Erzbischof Gabriel würdigte den Verstorbenen als «Apostel Christi, der Zeugnis vom christlichen Glauben in der Welt abgelegt und sein ganzes Leben der Verwurzelung der Orthodoxie in Westeuropa gewidmet hat». Patriarch Bartholomaios schickte ein Kondolenzschrieben, in er den «Schmerz der gesamten orthodoxen Welt angesichts des Verlustes einer markanten Gestalt der Orthodoxie der zweiten Hälfte des 20. Jhs.» ausspricht: Olivier Clément sei «ein wahrer Diakon des Wortes und Sänger der Schönheit. Wir alle sind ihm verpflichtet und dankbar für das, was er getan hat». Patriarch Daniel (Ciobotea) von Rumänien betonte die «besonderen Gnadengaben » eines «großen Bekenners des christlichen Glaubens und der Orthodoxie in der säkularisierten Welt». Andrea Riccardi, Gründer von Sant'Egidio, kam aus Rom, um sich «zu verneigen vor einem Leben: dem meines Freundes Olivier Clément, und vor der Orthodoxen Kirche, die ihn genährt hat». Erzpriester Boris Bobrinskoy, Priester der Hl. Dreifaltigkeits-Gemeinde der Krypta der Alexander-Nevskij-Kathedrale in Paris und Ehrendekan des Instituts St. Serge, verwies in seiner ausführlichen Würdigung auf «die begeisternde, doch schwere Aufgabe, Olivier in diesen Tagen durch das Wort zu begleiten, in denen mein lebenslanger Freund - und wir mit ihm - sein letztes und endgültiges Ostern feiert. Ostern ist stets ein Übergang vom Tod zum Leben. Im christlichen Totengottesdienst [...] müsste man wie an Ostern verkünden, dass Christus auferstanden ist - und müsste damit den lichten Charakter und die Hoffnung betonen, die von ihm ausstrahlen. [...] Wir danken dem Herrn für dieses lange Leben, in dem Olivier sein größtes Talent und seine Kraft für das Zeugnis und die Vermittlung des orthodoxen Glaubens [...] eingesetzt hat. Olivier war der Tradition der Orthodoxen Kirche treu, [...] sah sich jedoch außerstande, sich in einen engen und ausschließlichen konfessionellen Rigorismus einzuschließen. Wesentlich war ihm der Dialog - zwischen den getrennten Familien der Christenheit und [...] mit den abrahamitischen Familien - dem Judentum und dem Islam. [...] Ewiges Gedenken!».

SOP Nr. 335, Februar 2009, S. 1-3; 16.; www.religio.ru, 19. Januar 2009 - O.S.

Drucken