Griechenland: Metropolit Seraphim löst mit antisemitischen Äußerungen Skandal aus
Während eines Fernsehinterviews im größten griechischen Privatsender Mega-TV am 22. Dezember 2010 überraschte der Metropolit seine beiden Gesprächspartner mit der Frage: «Wissen Sie nicht, wessen Werk die Scheidungen und die homosexuelle Befreiung sind?» Es sei «allgemein bekannt, dass der Zionismus hinter allem steckt.» Die jüdische Lobby habe schon vor Jahren die Streichung der Religionszughörigkeit aus den griechischen Personalausweisen durchgesetzt. Zudem brachte Metropolit Seraphim die maschinenlesbaren Personalausweise in Verbindung mit der satanischen Zahl 666, dem Symbol des Antichristen in der christlichen Tradition.
Auf die Gegenfrage eines der Interviewer, warum er dann Adolf Hitler kritisiere, wenn er all diese extremen Thesen vertrete, antwortete der Metropolit Seraphim: «Hitlers Werk war ein Plan des weltweiten Zionismus und wurde von der berühmten Rothschild-Familie finanziert – mit dem Ziel, die Juden zu überreden, die Küsten Europas zu verlassen und nach Israel zu ziehen, um dort das neue Reich zu gründen». Gegen Juden habe er nichts, nur gegen «das zionistische Untier». Der «weltweite Zionismus» habe sich mit den «jüdischen Bankiers» verschworen, um Griechenland zu knechten und die Orthodoxie als solche zu vernichten. «Juden à la Rockefeller, Rothschild und Soros» kontrollierten das internationale Bankensystem und befehligten den Prozess der Globalisierung. Weitere Werkzeuge des «satanischen Zionismus» seien Freimaurerlogen und die griechische Politik.
Anlass des Fernsehinterviews war ein Hirtenbrief des Metropoliten, in dem dieser behauptet hatte, dass «satanische Kräfte» an der schweren Finanzkrise des Landes schuld sein. Die Regierungsmitglieder seien «erschießungswürdige Verräter» und «Marionetten in der Hand der neuen Weltordnung».
Die Aussagen des Metropoliten riefen große Empörung hervor: Der Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses, Moshe Kantor, forderte die Kirchenleitung auf, Metropolit Seraphim umgehend aus dem Amt zu entfernen. Es sei absolut inakzeptabel, dass «ein hochrangiger Geistlicher derartig widerwärtige, hasserfüllte Erklärungen» von sich gebe. Kantor forderte die griechische Regierung und die EU auf, sofort und konsequent gegen solche Hasstiraden führender Kirchenvertreter vorzugehen. – Auch das Oberhaupt der griechisch-orthodoxen Erzdiözese von Amerika des Patriarchats Konstantinopel, Erzbischof Demetrios (Trakatellis) von New York, verurteilte die Äußerungen des Metropoliten Seraphim als «untragbar». Die griechisch-amerikanische Gesellschaft Ahepa rief Erzbischof Hieronymos (Liapis) von Athen und ganz Griechenland auf, den Metropoliten zur Rede zu stellen.
Der Sprecher der griechischen Regierung, Georgios Petalotis, erklärte einen Tag nach dem Vorfall, es sei zwar verfassungsrechtlich nicht Aufgabe der Regierung, kirchliche Äußerungen zu kommentieren, doch sie sei verpflichtet, Hassreden zu verurteilen, von welcher Seite sie auch immer kämen: «Es ist untragbar, den Holocaust, das größte Verbrechen gegen die Menschheit, zu leugnen. Solche Meinungen beleidigen Griechenland, unsere Kultur und die Gesellschaft, deren untrennbarer Bestandteil die griechische jüdische Gemeinde bildet.» Metropolit Seraphim reagierte auf die Kritik und betonte, keine Ressentiments gegen Juden zu hegen. Hingegen habe der Zionismus die Religion der biblischen Patriarchen mittels Talmud, Kabbala und der Rabbiner in eine «satanische Sekte» verwandelt. Adolf Hitler sei ein Verbrecher, und er würde niemals den Holocaust an Juden, Pontosgriechen und Armeniern leugnen; er sei sich der Opfer der nazistischen Schreckensherrschaft bewusst.
Die jüngsten antisemitischen Hasstiraden von Metropolit Seraphim, der seit 2006 der Metropolie von Piräus vorsteht, reihen sich in eine Serie schriller Äußerungen des Metropoliten ein: So tut er sich seit längerem durch polemische Äußerungen gegen Homosexuelle hervor. 2009 zählte Metropolit Seraphim zu den Mitunterzeichnern des «Glaubensbekenntnisses gegen den Ökumenismus» (s. G2W 9/2009, S. 7f.). Auch gehört der Metropolit zu den erklärten Gegnern des Baus einer Moschee im Großraum Athen.
www.portal-credo.ru, 24., 27. Dezember; www.juedische-allgemeine.de, 28. Dezember 2010; KNA, 10. Januar 2011 – O.S.