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Griechenland: Ringen um „neuen“ Religionsunterricht in Griechenland

08. Dezember 2015

Die griechische Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras hat sich eine schrittweise „Entflechtung“ zwischen dem Staat und der Orthodoxen Kirche von Griechenland zum Ziel gesetzt.

An die Stelle des „dogmatischen“ Faches Religion soll laut Unterrichtsminister Nikos Philis ein neutrales Fach „Religionswissenschaft“ treten. Dieses habe eine vorurteilsfreie Kenntnis aller religiösen Botschaften zu vermitteln. Allerdings soll dabei gewährleistet sein, dass der bleibende „kulturschöpferische“ Beitrag der griechischen Orthodoxie nicht zu kurz kommt. Diese Einschränkung erfolgt auf Verlangen des Koalitionspartners von Syriza, den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen.

Philis, der selbst als gläubiger orthodoxer Christ bekannt ist, beruft sich für seine Reformpläne des „altmodischen Religionsunterrichts“ auf die Zustimmung einer Reihe von Bischöfen und prominenten Theologen. Allerdings sind die Meinungen innerhalb der Orthodoxen Kirche von Griechenland geteilt. Der reformorientierte Gesamtgriechische Theologenverband Kairos fordert Pilotprojekte für einen „nicht länger katechetischen, sondern allgemeinbildenden Religionsunterricht“. Der Unterrichtsminister müsse seine bisherige Zurückhaltung aufgeben und für das Schuljahr 2016/17 den allgemeinen religionswissenschaftlichen Religionsunterricht als Pflichtfach sicherstellen. Dieses habe den bisherigen christlichen, israelitischen und muslimischen Religionsunterricht bzw. die Abmeldung von diesem zu ersetzen. Religion als solche sei ein Wissens- und Kulturgut, von dem man sich ebenso wenig wie von Mathematik, Geschichte oder Geografie abmelden könne.

Dem hält die traditionsverbundene, seit 1950 bestehende Allgriechische Theologenvereinigung entgegen, dass es sich bei der Reform des Religionsunterrichtes um einen „Anschlag auf seinen christlichen Charakter“ handle. Es gehe darum, mit pseudowissenschaftlichen und jeder gesunden Pädagogik baren Argumenten die Glaubenstiefe und den moralischen Idealismus der Jugend im Keim zu ersticken. Die neue Gesetzesvorlage schaffe nur ein „wirres Multireli“ und drohe eine religiös völlig gleichgültige und orientierungslose Generation heranzuziehen.

KNA-ÖKI, 9. November 2015.

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