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Kasachstan: Neues Religionsgesetz stößt auf scharfe Kritik

15. Dezember 2011
Zum Schutz vor Extremismus und Terrorismus hat der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajev am 13. Oktober ein neues Religionsgesetz unterzeichnet, das Ende September vom Parlament verabschiedet worden war.

Das Gesetz besteht aus zwei Teilen, dem «Gesetz über religiöse Tätigkeit und religiöse Organisationen » sowie dem «Gesetz über Änderungen und Zusätze zum Gesetz über religiöse Tätigkeit und religiöse Organisationen ». Der Präsident kommentierte die Unterzeichnung mit den Worten: «Die größten Errungenschaften unseres Landes sind Frieden und Eintracht in unserem multinationalen Haus. Unser Hauptziel ist, die Einheit der Nation zu bewahren, daher habe ich das neue Religionsgesetz unterzeichnet.»

Das neue Religionsgesetz wird von zahlreichen Religionsgemeinschaften, Bürgerrechtlern und der OSZE scharf kritisiert, da es gegen die von Kasachstan unterzeichneten internationalen Vereinbarungen zu den Bürgerrechten verstoße und eine Einschränkung der verfassungsmäßig garantierten Religionsfreiheit darstelle. Laut dem neuen Gesetz müssen sich alle bereits staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften innerhalb eines Jahres erneut registrieren lassen; dabei muss die Mindestzahl für die Zulassung einer Gemeinde bzw. religiösen Organisation neu 50 Personen betragen. Ferner müssen sich alle Religionsgemeinschaften und ihre Organisationen einer «Expertenanalyse» unterziehen; dies gilt auch für die von ihnen verwendete religiöse Literatur. Jede nichtregistrierte religiöse Aktivität ist verboten. Für den Bau oder die Nutzung von Kultstätten ist neu die Erlaubnis lokaler und zentraler Behörden erforderlich. Zudem verbietet das Gesetz Gebetsräume in Regierungsgebäuden und anderen staatlichen Einrichtungen – dies betrifft vor allem muslimische Gebetsräume für das fünfmalige Tagesgebet. Unklar ist, ob muslimische Frauen in staatlichen Einrichtungen das Kopftuch tragen dürfen. An einer Pressekonferenz des Helsinki- Komitees von Almaty am 5. Oktober erklärten Kritiker, das neue Gesetz richte sich keineswegs gegen Extremismus und Terrorismus, sondern gegen die staatlich anerkannten religiösen Organisationen.

Wie die Internetseite für Religionsfreiheit, «Forum 18», berichtete, wurde eine Reihe von Moscheen, Kirchen und Gebetsräumen im Strafvollzug umgehend geschlossen. Auf Anfrage von «Forum 18» erklärte eine Mitarbeiterin des kasachischen Innenministeriums, die «russisch-orthodoxen Kirchen und die Moscheen, die in den Gefängnissen errichtet wurden, verstoßen gegen Bauvorschriften und das Gesetz».

In Kasachstan waren im Oktober 2010 insgesamt 4551 religiöse Organisationen registriert, davon 2815 muslimische, 1283 russisch-orthodoxe, 306 protestantische, 118 römisch-katholische, 24 jüdisch und vier buddhistische Gemeinden. 65 % der Bevölkerung sind Sunniten und knapp 30 % russisch-orthodox.

Forum 18, 13. Oktober, 11. November; Wostok 3/2011, S. 5 – O.S.

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