Ökumene: Metropolit Ilarion (Alfejev) zum Vorbereitungsprozess des Panorthodoxen Konzils
Die Beteiligung orthodoxer Christen an der Arbeit zwischenkirchlicher Organisationen muss nach Auffassung des Leiters des Kirchlichen Außenamts des Moskauer Patriarchats, Metropolit Ilarion (Alfejev), auf der festen Überzeugung basieren, dass „nur die orthodoxe Kirche die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche darstellt“. Dies gelte auch für die Beschlüsse des für 2016 geplanten Panorthodoxen Konzils , erklärte Ilarion bei einer Sitzung der Interorthodoxen Sonderkommission zur Vorbereitung des Konzils in Chambésy bei Genf. Aufgabe der Kommission ist es, die Vorlagen für das Konzil zu redigieren.
Metropolit Ilarion hob in seiner Ansprache weiter hervor, dass das Panorthodoxe Konzil nicht als „Ökumenisches Konzil“ bezeichnet und auf eine Ebene mit den sieben Ökumenischen Konzilen des ersten Jahrtausends gestellt werden könne. Denn auf diesen beruhe der Glaube der Orthodoxen Kirche. Zugleich brachte der Metropolit den Wunsch zum Ausdruck, dass das Konzil ein Ereignis werden möge, das die orthodoxen Kirchen „vereinen“ und „zur Klärung gemeinsamer Positionen zu einigen Fragen von heute führen“ werde. Daher messe die Russische Orthodoxe Kirche dem Vorbereitungsprozess des Panorthodoxen Konzils große Bedeutung zu. Die Arbeit der Kommission sei besonders wichtig, weil an den Vorlagen für das Konzil „substanzielle Veränderungen“ notwendig seien, „um sie mit Leben zu erfüllen“. Der Moskauer Patriarch Kirill verfolge dieses „außerordentlich wichtige interorthodoxe Thema“ mit größter Aufmerksamkeit. Zur Ökumene sagte Metropolit Ilarion, man müsse die Veränderungen zur Kenntnis nehmen, die in einer ganzen Reihe von protestantischen Mitgliedskirchen des Weltkirchenrats vor sich gegangen seien. Viele von ihnen hätten den „Weg der Liberalisierung von Lehre und Moral“ eingeschlagen, daher habe das Moskauer Patriarchat den Dialog mit ihnen derzeit eingestellt.
Zu den Vorbereitungen zum Panorthodoxen Konzil äußerte sich Metropolit Ilarion auch Anfang November in einem Vortrag zum Thema „Primat und Katholizität (Sobornost‘) aus orthodoxer Sicht“ im St Vladimir’s Orthodox Theological Seminary in New York. Dort sagte er unter anderem: „Es ist höchst wichtig, dass die Entscheidungen auf dem Panorthodoxen Konzil auf Konsens beruhen und nicht auf Abstimmung, und dass die gesamte Bischofsversammlung sie bestätigen wird und nicht ein ‚ökumenischer Primas‘. Das verweist noch einmal auf den prinzipiellen Unterschied zwischen dem orthodoxen und dem katholischen Verständnis der Konziliarität und des Primats. Die katholische Ekklesiologie setzt voraus, dass der Primat auf universaler Ebene höher steht als die Konziliarität, weil gerade der Papst die Entscheidungen eines Konzils (einer Synode) bestätigt; ohne seine Bestätigung ist keine Konzilsentscheidung gültig. Für die Orthodoxen ist die Konziliarität höher als der Primat, da das Kirchenoberhaupt sich den Konzilsentscheidungen unterwirft. […] Die Praxis der Realisierung des Primats in der Orthodoxen Kirche auf universaler Ebene ist unter orthodoxen Theologen nach wie vor eine offene Frage. Der Vorbereitungsprozess zum Konzil hat bestimmte Unterschiede zwischen den autokephalen Kirchen über die inhaltliche Bedeutung dieses Primats deutlich gemacht. Eines der Probleme, die auf der Tagesordnung stehen, ist die Frage der Autokephalie. Wer hat das Recht, die Autokephalie zu verleihen? Historisch gesehen gibt es verschiedene Beispiele dafür, wie die Autokephalie verliehen wurde. In den meisten Fällen erklärte sich irgendeine Kirche für autokephal und erst später, manchmal nach längerer Zeit, wurde sie von Konstantinopel und den übrigen Kirchen anerkannt. […] Alle genannten Kirchen datieren ihre Autokephalie mit ihrer faktischen Proklamation. Doch nach Ansicht von Konstantinopel ist diese erst ab dem Zeitpunkt gültig, an dem das Ökumenische Patriarchat der Kirche den Tomos der Autokephalie verliehen hat. Bis vor kurzem hat der Patriarch von Konstantinopel darauf bestanden, dass er das ausschließliche Recht auf die Verleihung der Autokephalie hat. […] Während der Erörterung dieser Frage im Rahmen der Vorbereitungen zum Panorthodoxen Konzil wurde beschlossen, dass die Verleihung der Autokephalie künftig auf panorthodoxer Ebene geschehen soll, und alle autokephalen Kirchen an diesem Prozess beteiligt sein werden. Entsprechend werden auf dem Tomos die Unterschriften aller Oberhäupter stehen. Man muss noch zu einer Übereinkunft kommen, in welcher Form die Unterschriften auf dem Tomos figurieren werden, doch wurde ein Konsens über die Notwendigkeit der Teilnahme aller Kirchen bei der Beschlussfassung erzielt. Es versteht sich von selbst, dass der Entzug der Autokephalie auch nicht ohne Zustimmung aller orthodoxen Kirchen erfolgen kann.“
KNA-ÖKI, 6. Oktober; www.mospat.ru, 9. November 2014 – O. S.