Polen: Altprimas Kardinal Glemp verstorben
Nach langer Krankheit ist der frühere Primas der katholischen Kirche in Polen, Kardinal Józef Glemp, am 23. Januar verstorben.
Kardinal Glemp hatte von 1981 bis Dezember 2009 das Amt des polnischen Primas inne und wirkte 23 Jahre als Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz. In die fast 30-jährige Amtszeit Glemps als Primas fielen das Kriegsrecht in Polen, das die polnische Regierung nur wenige Monate nach seinem Amtsantritt verhängte, der Zusammenbruch des Kommunismus und der Beitritt Polens in die EU 2004. Durch seine Vermittlung zwischen der kommunistischen Staatsführung und der Gewerkschaft Solidarność trug Glemp zudem wesentlich zum Sieg der polnischen Freiheitsbewegung 1989 bei.
Der polnische Staatspräsident Bronisław Komorowski erklärte, den Verstorbenen habe sowohl das Streben nach Verwirklichung des Guten als auch Vernunft sowie die Fähigkeit ausgezeichnet, in schwierigster Zeit weitreichende Verantwortung für das Vaterland zu übernehmen. Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, würdigte den Verstorbenen als „Kämpfer für seine Kirche und gegen den Kommunismus“, als „Patrioten und Europäer, und vor allem [als] Bekenner der Kirche und großen Hirten Polens“. Seine Kirche habe er „in einem der dunkelsten und später auch freudigsten Kapitel der Geschichte“ des Landes geführt. Wie Papst Johannes Paul II. sei Glemp vom Fall der Mauer überzeugt gewesen und habe auf ein vereintes Europa gehofft.
Wie seine Vorgänger wurde Kardinal Glemp am 28. Januar in der Krypta der Johanneskathedrale in Warschau beigesetzt. An dem feierlichen Requiem nahmen etwa 90 Bischöfe sowie Staatspräsident Komorowski und Vertreter anderer Kirchen teil; tausende Gläubige nahmen Abschied. In einem Schreiben würdigte Papst Benedikt XVI. den Verstorbenen als „Apostel der Einheit“, der „mit großer Klugheit viele Fragen und Probleme des politischen, sozialen und religiösen Lebens der Polen gelöst“ habe. Persönlich habe er stets „seine aufrichtige Güte, seine Einfachheit, seine Offenheit und herzliche Hingabe für die Belange der Kirche in Polen und in der Welt bewundert“.
Józef Glemp wurde am 18. Dezember 1929 im zentralpolnischen Wrocław geboren. Er trat 1950 ins Priesterseminar ein, 1956 empfing er die Priesterweihe. Von 1958 bis1964 setzte er sein Studium an der Laternanuniversität in Rom fort und erlebte das Zweite Vatikanische Konzil aus nächster Nähe. 1972–1979 wirkte er als Professor für Kirchen- und Eherecht in Warschau, bis ihn Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Warmia (Ermland) ernannte; die Bischofsweihe empfing er vom damaligen Primas von Polen, Stefan Kardinal Wyszyński. Nach dessen Tod 1981 berief ihn Johannes Paul II. zum Primas von Polen mit dem traditionellem Sitz in Gniezno sowie gleichzeitig zum Erzbischof von Warschau. Die Leitung der Erzdiözese Gniezno gab Kardinal Glemp 1992 ab, behielt jedoch den Primastitel, auch als er 2004 als Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz und 2007 als Erzbischof von Warschau zurück trat. Das Primasamt übergab er an seinem 80. Geburtstag 2009 an Erzbischof Henryk Muszyński. Zuletzt engagierte sich Kardinal Glemp stark für die polnisch-russische Versöhnung und war Mitunterzeichner der Versöhnungserklärung zwischen der Polnischen Bischofskonferenz und dem Moskauer Patriachat im August 2012 (s. RGOW 12/2012, S. 17–19).
Kathpress, 24., 28. Januar 2013