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Polen: Film über sexuellen Missbrauch in der Kirche erschüttert Polen

15. Juli 2019

Nach dem Spielfilm „Klerus“ erschüttert erneut ein Film die katholische Kirche in Polen. Der Dokumentarfilm „Sag es bloß niemanden“ des Regisseurs Tomasz Sekielski thematisiert den sexuellen Kindesmissbrauch durch Priester.

Der am 11. Mai auf der Videoplattform YouTube veröffentlichte Film ist bereits über 22 Mio. Mal aufgerufen worden. Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki, entschuldigte sich bei den Betroffenen. Auch Papst Franziskus versicherte den Opfern seine Solidarität.
In dem Dokumentarfilm erzählen Betroffene von ihren Erlebnissen und konfrontieren ihre ehemaligen Peiniger mit deren Taten, was teilweise mit versteckter Kamera aufgenommen wurde. Ursprünglich hatte kein TV-Kanal den Film, der durch Crowdfunding finanziert wurde, ausstrahlen wollen, erst das gewaltige Interesse bewirkte ein Umdenken. Mittlerweile hat ihn der große Privatsender TVN gezeigt.
Erzbischof Stanisław Gądecki bedankte sich unmittelbar nach Veröffentlichung des Dokumentarfilms in einer schriftlichen Stellungnahme bei dem Filmemacher für dessen Arbeit und entschuldigte sich „im Namen der ganzen Bischofskonferenz bei allen geschädigten Personen“. „Bewegt und traurig“ habe er sich Sekielskis Dokumentation angeschaut. Der Film werde zur genauen Einhaltung der Richtlinien für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Kirche beitragen. 
Der für den Kinderschutz zuständige polnische Primas, Erzbischof Wojciech Polak, äußerte sich in einem eigenen Video „tief betroffen“ von den Schilderungen in dem Film: „Ich danke allen, die den Mut haben, von ihrem Leid zu erzählen.“ Er entschuldige sich für jede von Kirchenmitarbeitern zugefügte Wunde. In einem Interview bekräftigte er, dass er den Film nicht als Angriff auf die Kirche empfinde, im Gegenteil sei er ein weiterer Schritt im Kampf der Kirche gegen Pädophilie.
Zu reden geben vor allem drei im Film porträtierte Personen: Priester Eugeniusz Makulski, langjähriger Domherr der Basilika der allerheiligsten Maria von Licheń, dem größten Gotteshaus Polens, ließ vor der Basilika zwei Denkmäler errichten: eines für sich und eines für Papst Johannes Paul II. Die Liste seiner Opfer ist lang, das Urteil des Vatikans bleibt bisher geheim. Der im Februar verstorbene Priester Franciszek Cybuli ist als Seelsorger von Ex-Präsident Lech Wałęsa bekannt. Sein Opfer hatte ihn drei Monate vor seinem Tod bei der Danziger Kurie angezeigt, die für ihn einen Trauergottesdienst mit allen Ehren durchführte. Priester Dariusz Olejniczak war zwei Jahre wegen Belästigung von drei Mädchen in Haft gewesen und arbeitete danach trotz Verbot, wieder eine Tätigkeit mit Minderjährigen aufzunehmen, als Seelsorger und als Exerzitienbegleiter für Kinder in einer Pfarrgemeinde in Malbork. Er hat Papst Franziskus am 12. Mai um Aufhebung der Priesterweihe gebeten.
Konservative katholische Kreise in Polen verneinen dagegen eine Verantwortung der Kirche und reagierten mit Verschwörungstheorien, dass die Mehrheit der angeklagten Kleriker geheime Mitarbeiter der Volksrepublik Polen gewesen seien. Auch die Politik wurde von dem Film aufgeschreckt: Als Reaktion auf den Dokumentarfilm hat Polen sein Strafgesetzbuch verschärft. Eine von der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) eingebrachte Gesetzes­änderung wurde am 16. Mai mit großer Mehrheit im polnischen Parlament verabschiedet: In besonders schweren Fällen soll die Verjährungsfrist abgeschafft werden. Zudem soll das Schutzalter von 15 auf 16 Jahre angehoben werden.

www.episkopat.pl, 11. Mai; www.dziennik.pl, 15. Mai 2019 – R. Z.

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