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Polen: Ministerpräsident Tusk bekennt sich im Parlament zu Kruzifix

15. Dezember 2011
Polens Ministerpräsident Donald Tusk beharrt auf einem Kruzifix im Sitzungssaal des Parlaments. Bei der Vorstellung seines Regierungsprogramms erteilte er im Sejm Forderungen nach einer Entfernung des Kreuzes indirekt eine Absage.

Tusk mahnte, kein Politiker dürfe Symbole «schänden», die für die meisten Polen heilig seien. «Das Kreuz sollte kein Grund für einen nächsten politischen Krieg im Sejm oder außerhalb des Gebäudes sein.» Es dürfe im Kampf gegen politische Gegner nicht als «Keule» genutzt werden.

Der Ministerpräsident reagierte damit auf die neue antiklerikale «Palikot-Bewegung », die die Entfernung des christlichen Symbols beantragt hatte (s. RGOW 12/2011, S. 5). Auch die oppositionellen Sozialdemokraten fordern inzwischen die Verbannung des Kreuzes.

Tusk kündigte in seiner Regierungserklärung eine Abschaffung des sog. Kirchenfonds an, aus dem der Staat die Sozialversicherungsbeiträge für einen großen Teil der Geistlichen aller Konfessionen zahlt. Er sei auch dazu bereit, das Konkordat mit dem Vatikan zu ändern, wenn dies erforderlich sei. Künftig solle jeder Geistliche selbst Beiträge für die Rentenversicherung zahlen. – Die polnische Bischofskonferenz hatte die Abschaffung des Fonds selbst vorgeschlagen. Sie verknüpfte dies allerdings mit dem Wunsch, bei der Einkommensteuererklärung die Möglichkeit eines freiwilligen Kirchenbeitrags einzuführen (s. RGOW 12/2011, S. 5). Auf diesen Vorschlag ging der Ministerpräsident jedoch nicht ein.

Erzbischof Stanisław Budzik von Lublin bezeichnete den von den kommunistischen Machthabern 1950 als Entschädigung für die Verstaatlichung von Kirchengütern eingerichteten Kirchenfonds als «anachronistisch». Die Bischöfe hätten deshalb selbst dessen «Umgestaltung » vorgeschlagen. Das Konkordat regle keine Versicherungs- und Finanzierungsfragen der Kirche, so der Erzbischof. Es verlange jedoch, dass Regierung und Kirche solche Themen gemeinsam in einem Gremium behandeln. Zudem schlug Erzbischof Budzik erneut die Einführung eines freiwilligen Kirchenbeitrags der Steuerzahler vor. Bei der Einkommensteuererklärung solle die Möglichkeit geschaffen werden, ein Prozent der Steuer einer Religionsgemeinschaft eigener Wahl zuzusprechen.

Bislang fließen aus dem Staatshaushalt jedes Jahr rund 25 Millionen Euro in den Kirchenfonds. 2011 machte dies einen Anteil von 0,03 Prozent am Staatsbudget aus. Aus dem Kirchenfonds werden die Krankenkassen- und Rentenbeiträge von Priesteramtskandidaten, im Ausland wirkenden Missionaren und kontemplativen Ordensschwestern beglichen, die keine Einkünfte erzielen. Die meisten Priester entrichten hingegen ihre Sozialversicherungsbeiträge selbst. Den Kirchenfonds hatten 1950 die damaligen kommunistischen Machthaber als Entschädigung für die Verstaatlichung von Kirchengütern eingerichtet.

Zu dem von der Bischofskonferenz vorgeschlagenen freiwilligen Kirchenbeitrag erklärte der zuständige Minister für Staatsverwaltung, Michał Boni, in einem Radiointerview, dass die Regierung dies abgelehnt habe. Boni zufolge fehle dem Staatshaushalt Geld, um das Vorhaben umzusetzen. Nach Schätzungen der Regierung würde der Staat dadurch rund 150 Millionen Euro verlieren.

Kathpress, 20., 21. November; NÖK 24. November 2011 – R.Z.

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