Polen: Polens Parlament gegen Änderung des Abtreibungsrechts
Mit einer knappen Mehrheit von nur fünf Stimmen scheiterte am 31. August der Gesetzesentwurf einer Volksinitiative für ein totales Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen. In einer zweiten Abstimmung votierte eine große Mehrheit der Abgeordneten gegen die uneingeschränkte Zulassung von Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche. Abtreibungen sind damit weiterhin nur bei schweren Missbildungen des Fötus, nach einer Vergewaltigung oder bei Inzest und gesundheitlichen Gefahren für die Mutter erlaubt. Ein Bürgerkomitee hatte im Frühjahr rund eine halbe Million Unterschriften für die Streichung dieser Ausnahmeregeln im geltenden Abtreibungsgesetz gesammelt.
Für das gänzliche Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen stimmten 186 Abgeordnete, 191 dagegen, fünf enthielten sich. Zu den entschiedensten Unterstützern der Volksinitiative gehörten die rechtskonservative Oppositionspartei «Recht und Gerechtigkeit» (PiS), deren 160 anwesende Abgeordnete geschlossen für ein Totalverbot votierten, und die Polnische Bischofskonferenz. Dagegen hatten die oppositionellen Sozialdemokraten die Einführung einer Fristenregelung und Erlaubnis auch zu späteren Abtreibungen in bestimmten Fällen beantragt. Mit 369 gegen 31 Stimmen wurde ihr jedoch Gesetzesvorschlag abgelehnt. Die regierende rechtsliberale Bürgerplattform verteidigte das aus dem Jahr 1993 stammende Abtreibungsgesetz. Es stelle einen guten Kompromiss dar, argumentierte die Partei von Ministerpräsident Donald Tusk.
Die Zahl der registrierten Schwangerschaftsabbrüche lag in Polen nach offiziellen Statistiken zuletzt bei etwa 500 im Jahr. Nach Schätzungen von Frauenrechtlerinnen treiben jedoch jährlich mindestens 100 000 Polinnen ab – viele davon in der Slowakei und Tschechien. Das polnische Abtreibungsgesetz gehört zu den restriktivsten in Europa. Der «Verband für Frauenangelegenheiten und Familienplanung» hat deshalb eine Volksinitiative für ein liberales Abtreibungsrecht angekündigt.
Kathpress, 1. September 2011.