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Polen: Reaktionen auf die Seligsprechung von Papst Johannes Paul II.

19. Mai 2011
Die Seligsprechung von Papst Johannes Paul II. am 1. Mai in Rom haben Hundertausende Polen im Heimatland des Papstes gefeiert.

In zahlreichen polnischen Städten wurde die Seligsprechung auf Großleinwänden live übertragen. Auf dem Warschauer Piłsudski-Platz, wo Papst Johannes Paul II. 1979 als «Sohn polnischer Erde» zur «Erneuerung des Antlitzes der Erde» aufgerufen und seine berühmten Worte «Fürchtet euch nicht» gesprochen hatte, versammelten sich einige tausend Zuschauer – allerdings merklich weniger als zur Trauerfeier im Jahr 2005. Die Seligsprechung hat jedoch einen Bücher-Hype entfacht, wie an der Warschauer Buchmesse deutlich wurde: Rund 100 Erstausgaben und Neuauflagen – vom Kinderbuch bis zum päpstlichen Lehrschreiben – bringen die Verlage über den polnischen Papst in diesem Jahr heraus.

An der Dankesmesse zur Seligsprechung dankte der Krakauer Kardinal Stanisław Dziwisz, der langjährige Privatsekretär von Johannes Paul II., Papst Benedikt XVI. im Namen der polnischen Kirche für die rasche Seligsprechung. Papst Benedikt XVI. selbst hatte bereits am Vorabend im polnischen Fernsehen seine Freude über die Seligsprechung zum Ausdruck gebracht: Die Kirche in Polen und die ganze polnische Nation, die Papst Johannes Paul II. so sehr liebten, gewännen in ihm einen neuen Patron und Fürsprecher. Auch Polens Staatspräsident Bronisław Komorowski nahm an der Dankesmesse in Rom teil und ist am 2. Mai zu einer Audienz im Vatikan empfangen worden. An einer darauffolgenden Pressekonferenz sprach er sich indirekt für eine baldige Heiligsprechung aus und stellte einen zweiten Polen-Besuch von Papst Benedikt XVI. in Aussicht. Ebenfalls an Ander Seligsprechung teilgenommen haben die Ex-Präsidenten Lech Wałesa und Aleksandr Kwaśniewski, die sich bei der Trauerfeier für Johannes Paul II. auf dem Petersplatz im Jahr 2005 offiziell versöhnt hatten. Der derzeitige Regierungschef Donald Tusk wohnte den Feierlichkeiten in der Geburtsstadt des Papstes, Wadowice, bei. – Dagegen ist der Vorschlag von Parlamentspräsident Grzegorz Schetyna, dass Abgeordnete aller Parteien gemeinsam zur Seligsprechung nach Rom reisen, auf Ablehnung gestoßen: Jarosław Kaczyński, Vorsitzender der konservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit, lehnte den Vorschlag ab und nahm auch selbst aus familiären Gründen nicht an der Feier teil.

Der polnische Primas Erzbischof Józef Kowalczyk betonte in einer Dankmesse am 3. Mai in Rom die historische Bedeutung der Seligsprechung des Papstes für Polen und die ganze Welt. Der verstorbene Papst sei auch in Zukunft ein «geistiger Leiter auf den Wegen der Freiheit, Einheit und Solidarität». Erzbischof Kowalczyk hat sich vor der Seligsprechung vor allem gegen neue Monumente für den Papst Johannes Paul II. ausgesprochen. Er verwies darauf, dass dieser den Bau von Statuen aus Bronze und Stein selbst abgelehnt habe – stattdessen sollten die Menschen ihr konkretes Handeln nach dem Beispiel des Papstes ausrichten.In Polen gibt es bereits hunderte von Denkmälern; mehrere Kirchen sollen nach dem verstorbenen Papst benannt werden. Am 11. Juni wird das am Stadtrand von Krakau auf Initiative von Kardinal Dziwisz entstehende Johannes- Paul-II.-Zentrum «Fürchtet euch nicht!» eine Ampulle mit dem Blut des verstorbenen Papstes erhalten, dabei wird auch das Gotteshaus geweiht werden (s. G2W 3/2011, S. 7).

Als der Vatikan Mitte Januar die Seligsprechung von Papst Johannes Paul II. ankündigt hatte, hatten Bischöfe die Hoffnung geäußert, die Erhebung zur Ehre der Altäre werde das Land einen. Doch bei einer Umfrage in der vergangenen Woche meinten nur elf Prozent der erwachsenen Polen, dass sich die politischen Verhältnisse nach der Seligsprechung bessern würden. 74 Prozent gingen stattdessen davon aus, es werde sich auf diesem Feld nichts ändern. Der ehemalige Außenminister und heutige Deutschland-Beauftragte der Regierung, Władysław Bartoszewski, glaubt deshalb, Papst Johannes Paul II. wäre auf die Polen heute nicht besonders stolz. Denn in seinem Heimatland gebe es keine Solidarität, wie sie der Papst verlangt habe. Polen sei politisch tief gespalten.

Kathpress, 10., 21. April, 2., 3., 6. Mai; FAZ, 2. Mai; Prymas Polski, 3. Mai; NÖK, 24. April, 5. Mai 2011 – R.Z.

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