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Polen: Regierung bemängelt überzogene Restitution der Kirche

19. März 2012
Die katholische Kirche in Polen hat laut einem Regierungsgutachten zu viel Entschädigung für ihr im Kommunismus beschlagnahmtes Eigentum erhalten.

Prüfer stellten nach Angaben der Tageszeitung Gazeta Wyborcza mehrere hundert Fälle fest, in denen die staatliche Restitutionskommission der Kirche seit 1989 zu Unrecht Grundstücke oder Geld zugesprochen habe. Pfarreien und Ordensgemeinschaften hätten eine Entschädigung erhalten, obwohl ihre Restitutionsanträge bereits erfüllt gewesen seien.

Das Blatt berichtet weiter, Mitarbeiter der Staatskanzlei prüften im Auftrag von Ministerpräsident Donald Tusk nach zahlreichen Betrugs- und Korruptionsvorwürfen die Akten der Kommission. Sie hätten bei der Kirchenentschädigung ein «einmaliges Durcheinander» festgestellt. So habe der Zisterzienserorden in Krakau 2004 15 Mio. Euro erhalten, obwohl er 1994 bereits durch ein Grundstück entschädigt worden sei. Wie hoch der Schaden für den Staat insgesamt sein soll, steht dem Bericht zufolge nicht in dem Gutachten.

Der vor einem Jahr aufgelösten Restitutionskommission gehörten je sechs Vertreter der Regierung und der Bischofskonferenz an. Gegen sechs ehemalige Kommissionsmitglieder erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Bestechlichkeit und Untreue. Statt dem Gremium sind seit März 2011 Gerichte für die wenigen übrigen Restitutionsanträge zuständig.

Die kommunistischen Machthaber hatten der Kirche 1950 einen Großteil ihres Besitzes genommen. Beschlagnahmt wurden unter anderem rund 100 000 Hektar Land. Laut dem Regierungsgutachten sprach die Kommission der Kirche insgesamt 66 500 Hektar Land und umgerechnet knapp 34 Mio. Euro als Entschädigung zu. Von mehr als 30 000 Anträgen blieben lediglich 142 offen. Kirchliche Einrichtungen erhielten meist andere als die einst verstaatlichten Grundstücke und Immobilien, weil häufig eine anderweitige Nutzung des einstigen Kircheneigentums eine Rückgabe ausschloss.

Kathpress, 17. Februar 2012.

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