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Polen: Streit um Kirchenfinanzierung

22. November 2012
Im Streit um die Kirchenfinanzierung in Polen verschärft sich der Ton. Ministerpräsident Donald Tusk erklärte am 12. Oktober im Parlament, er wolle die Finanzierung der Religionsgemeinschaften auch ohne Zustimmung der Kirchen ändern

(s. RGOW 6/2012, S. 5). Die Abgeordneten hätten das Recht, über die Abschaffung der staatlichen Priesterrenten und die Einführung einer freiwilligen Kirchensteuer auch «ohne Einverständnis der Bischofskonferenz» zu beraten.

Die katholische Polnische Bischofskonferenz warnte die Regierung unterdessen vor einer einseitigen Änderung der Kirchenfinanzierung. Ihr Generalsekretär, Weihbischof Wojciech Polak, sagte der Tageszeitung Rzeczpospolita, die Verfassung und das Konkordat verpflichteten die Regierung, über entsprechende Gesetzesinitiativen vorab mit der katholischen Kirche zu sprechen.

Strittig zwischen der Regierung und den Religionsgemeinschaften ist vor allem die Höhe des freiwilligen Kirchensteuersatzes. Die Regierung schlägt unverändert einen Beitrag von 0,3% der Einkommensteuer vor. Die Bischofskonferenz fordert eine etwa doppelt so hohe freiwillige Kirchensteuer. Sie solle bei 0,5 oder 0,6% der Einkommensteuer liegen. Auch die orthodoxe und protestantischen Kirchen Polens lehnen einen Satz von 0,3% als zu niedrig ab und verlangen bis zu ein Prozent. Die Religionsgemeinschaften befürchten, dass sie sonst durch die Reform weniger Geld erhalten als bisher.

Einigkeit besteht indes über das Prinzip des Kirchenfinanzierungsmodells. Künftig soll demnach jeder Erwerbstätige einen festen Anteil seiner Einkommen- steuer einer Religionsgemeinschaft seiner Wahl widmen können. Bislang fließen aus dem polnischen Staatshaushalt jedes Jahr etwa 21 Millionen Euro in einen sog. Kirchenfonds. Er wurde 1950 als Ausgleich für die damalige Enteignung der Religionsgemeinschaften geschaffen. Aus dem Fonds werden die Beiträge für die Renten-, Invaliden- und Unfallversicherung von mehr als 40% der Geistlichen aller Konfessionen bezahlt. In Polen gibt es bisher keine Kirchensteuer. Die Konfessionen finanzieren sich vor allem durch Kollekten und Spenden.

Kathpress, 14. Oktober 2012.

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