Polen: Vorsitzende der Bischofskonferenzen Deutschlands und Polens streiten über Kirchenreformen
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Georg Bätzing, hat seinem polnischen Amtskollegen, Erzbischof Stanisław Gądecki, „unbrüderliches Verhalten“ vorgeworfen.
In einem in der polnischen Tageszeitung Rzeczpospolita am 27. November veröffentlichten Brief zeigte sich Bätzing konsterniert über einen Brief des polnischen Erzbischofs an Papst Franziskus, in dem dieser die Beschlüsse des deutschen Synodalen Wegs massiv kritisiert hatte.
Gądecki, Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz, hatte in einem am 15. November veröffentlichten Brief an Franziskus vom 9. Oktober mehrere Beschlüsse des Synodalen Wegs der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken als „extrem inakzeptabel und unkatholisch“ bezeichnet und seine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, die vom 4. bis 29. Oktober in Rom stattfindende Bischofssynode möge nicht zwecks Autorisierung der deutschen Thesen manipuliert und ausgenutzt werden. Die Kirchenreformer in Deutschland schämten sich offenbar so sehr für die Fehler der Bischöfe im Umgang mit sexuellem Missbrauch, dass sie eine „moralische und rechtliche Revolution“ in der Weltkirche vollbringen wollten, mutmaßte Gądecki. Diese Revolution sei wohl eher von „linksliberalen Ideologien inspiriert“ als vom Evangelium.
Konkret verurteilte Gądecki in dem Brief an den Papst die vom Synodalen Weg angeregten Änderungen der Kirchenstruktur, Änderungen der Lehre zur Sexualmoral und die Einsetzung von Frauen in sakramentalen Ämtern. Der Erzbischof stellte die größtmögliche Anpassung der Kirche an die Welt in Frage, „die in ihrer liberal-demokratischen Version als Muster des Humanismus“ gelte. Die Kirche schätze zwar die Demokratie, doch nur, wenn sie auf einem richtigen Menschenbild beruhe; immerhin könne sie auch in Totalitarismus umschlagen und sei nicht mit Sicherheit das einzige gute System. Der Synodale Weg fordere die Akzeptanz des „im Westen dominierenden politischen Systems“, zusammen mit der ganzen demokratischen Bürokratie, die das Geistliche dem Weltlichen unterordne und den Papst und die Bischöfe durch weltliche Macht einschränken.
Mit Blick auf die Sexualmoral kritisierte Gądecki unter anderem, dass transgeschlechtliche Gläubige im Taufregister ihren Namen und das eingetragene Geschlecht ändern (oder nicht eintragen) dürfen, Zugang zu den Sakramenten einschließlich des Priestertums und gottgeweihten Lebens erhalten, und dass Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare ermöglicht werden sollen. Auch die Schulung von Geistlichen im Umgang mit Transgender-Personen lehnte er ab. Mit Besorgnis und Traurigkeit wolle er den Papst auf die Entscheidungen des deutschen Synodalen Wegs aufmerksam machen. Er vertraue darauf, dass die Kirchenlehre unversehrt bleibe, so der Erzbischof.
In seinem öffentlichen Brief wundert sich Erzbischof Bätzing darüber, dass Gądecki sein Schreiben an den Papst während der Bischofsynode im Vatikan ihm gegenüber nicht erwähnt und er darin falsche Behauptungen über den deutschen Reformprozess aufgestellt habe. Zudem sorge er sich um Gądeckis Demokratieverständnis, und er halte den Brief Gądeckis für eine „enorme Überschreitung seiner Befugnisse“. Gleichzeitig rief er im Gedenken an den berühmten polnisch-deutschen Briefwechsel von 1965 zur Fortsetzung des Dialogs auf.
Ein persönliches Treffen von Bätzing und Gądecki fand bereits am 27. November an der Vollversammlung des Rats der Europäischen Bischofskonferenzen auf Malta statt. Beide sprachen danach von einer ehrlichen Aussprache, und dass der Dialog trotz kultureller Unterschiede „in bewährter Weise in der Deutsch-Polnischen Kontaktgruppe“ weitergeführt werden solle.
Der Erzbischof von Poznań zählt seit langem zu den wichtigen ausländischen Kritikern der deutschen Reforminitiative. Bereits im Februar 2022 hatte er sich mit einem besorgten Brief an seinen Amtskollegen von der Deutschen Bischofskonferenzgewandt. (RZ)