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Russische Kirche: Von Hungersnot 1932/33 waren nicht nur Ukrainer betroffen!

21. November 2008
Aus Anlass des Gedenkens an die Hungersnot in der Sowjetunion (nicht nur in der Ukraine!) von 1932/33 vor 75 Jahren - und an ihre vielen Millionen Opfer erklärte Erzpriester Vsevolod Tschaplin, Stv. Vorsitzender des Kirchlichen Außenamtes der Russischen Orthodoxen Kirche, am 18. November 2008: Die Ukrainer müssten einsehen, dass von dieser Tragödie, der Hungersnot von 1932/33, die die Ukrainer „Holodomor" nennen [und zu einem Genozid der Russen an den Ukrainern hochstilisieren - G2W], nicht nur Ukrainer betroffen gewesen seien. Und die Russen müssten einsehen, dass es höchste Zeit sei, „die Bolschewiki, die den Massenhunger inszeniert haben, entschieden zu verurteilen". Opfer der Hungersnöte seien Menschen unterschiedlichster Nationalität gewesen.

Die Bolschewiki hätten bewusst ganze Volksklassen vernichtet und unterdrückt: „Gelitten haben die Bauern [als Klasse], die (entgegen sowjetischen Ammenmärchen) die Kirchen nicht zerstört, sondern geschützt haben, die sich in Aufstände gegen die Bolschewiki erhoben und sich keineswegs mit der Kollektivierung und den anderen monströsen Experimenten an Russen, Ukrainern und anderen Völkern abgefunden haben." Den Bolschewiki sei es darum gegangen, die soziale Schicht der Bauern total zu vernichten, die ja die Grundlage Russlands gewesen sei - ein beispielloses Verbrechen, das man mit Entschiedenheit verurteilen sollte. Der Opfer der Hungersnöte müsse in der ganzen Russischen Föderation offiziell gedacht werden.

Die Schuldigen seien inzwischen tot und könnten nicht zur Verantwortung gezogen werden, doch für die Beurteilung der Vergangenheit und für den Aufbau einer würdigen Zukunft wäre es überaus wichtig, „das Verbrechen beim Namen zu nennen und die schuldigen Strukturen als kriminell zu bezeichnen".

Im Gegensatz zur Ukraine, wo der Opfer der Hungerkatastrophe und des sowjetischen Terrors offiziell jedes Jahr am letzten Samstag im November gedacht wird, gibt es in Russland keinen entsprechenden Trauertag - bis vor kurzem wurden diese Toten von den politisch Verantwortlichen nicht einmal erwähnt. Die Russische Kirche hat wiederholt gefordert, dass ein solcher Trauertag eingerichtet wird: Sie gedenkt der Opfer in Totengottesdiensten; einen speziellen kirchlichen Gedenktag hat sie jedoch nicht eingeführt.

Wie schwer sich das offizielle Moskau mit den kommunistischen Verbrechen tut, zeigt folgende Alibiübung: Am 17. November fand in der Aula des Moskauer Stadtarchivs eine eintägige Konferenz zum Thema „Das historische und politische Problem des Massenhungers in der UdSSR während der 30er Jahre" statt. Zeitgleich fand eine ebenfalls eintägige (!) Ausstellung „Hunger in der UdSSR. 1929-1934. Neue Dokumente" statt. Die bisher unbekannten Dokumente stammten aus dem Archiv des russischen Präsidenten, dem Zentralarchiv des FSB Russlands [Nachfolgeorganisation des KGB], dem Staatlichen Archiv der Russischen Föderation und anderen föderalen Archiven.

www.religio.ru, 21. November; www.interfax-religion.ru, 18. November; www.novayagazeta.ru, 21. November 2008 - O.S.

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