Russland: Allrussisches Weltkonzil unterstützt Umbenennung Wolgograds in Stalingrad
In der zurzeit in Russland geführten Debatte um die Rückbenennung von Wolgograd in Stalingrad hat das „Allrussische Volkskonzil“ am 5. Februar eine Erklärung veröffentlicht, in der es die Umbenennung für „gerechtfertigt“ erklärt: Stalingrad sei „zum Symbol unserer Kriegskunst und neben der Schlacht bei den Thermopylen und der Schlacht um Salamis zum Symbol höchster Tapferkeit geworden.
Stalingrad und nicht Wolgograd gilt den Völkern unseres Planeten als Wendepunkt im Kampf gegen den Faschismus“. Der Stadt den Namen Stalins zu geben, bedeute, eine Epoche zu kennzeichnen, „die bei aller Widersprüchlichkeit und Dramatik fester Bestandteil der siegreichen russischen Vergangenheit ist“. Die Erklärung des Volkskonzils stieß in der russischen Öffentlichkeit auf breites Unverständnis und Empörung.
Das Allrussische Volkskonzil ist eine 1993 unter der Ägide der Russischen Orthodoxen Kirche gegründete gesellschaftliche Organisation, an der hohe Staatsbeamte und Militärs sowie Spitzenvertreter aus Gesellschaft, Wissenschaft und Kultur und hohe Geistliche aller traditionellen Religionsgemeinschaften teilnehmen. Es tagt in der Christus-Erlöser-Kathedrale in Moskau, den Vorsitz hat Patriarch Kirill (Gundjaev) inne.
Weiterhin heißt es in der Erklärung des Allrussischen Volkskonzils: „Die Ereignisse der Jahre 1942–1943, die das Augenmerk der Menschheit auf die Stadt an der Wolga gerichtet haben, markierten nicht nur einen Umbruch im Großen Vaterländischen Krieg, sondern auch den Wendepunkt der gesamten Weltgeschichte“. Zunichte gemacht worden sei in Stalingrad das Konstrukt einer von Natur aus bestehenden Ungleichheit der Menschen, das die Menschheit in höhere und niedrigere Rassen einteilte – das Konstrukt, dem „die gesamte koloniale Expansion der westlichen Zivilisation zugrunde lag“. „Wir meinen, der Sieg bei Stalingrad ist ein zentrales Element für den Erhalt unseres nationalen Selbstbewusstseins, denn er offenbart die Ideale von Menschenwürde und Brüderlichkeit – jene Ideale, die das russische Volk im Verlauf von Jahrhunderten miteinander teilte und die mit der Frohen Botschaft des Christentums eng verbunden sind. Zudem ist er ein Inbegriff für die unbezwingliche Festigkeit des russischen Geistes, der selbst unter dramatischsten Umständen für die Wahrheit einsteht und siegt.“
Erzpriester Vsevolod Tschaplin, der Leiter der Synodalabteilung für die Beziehungen zwischen Kirche und Gesellschaft, warb für eine Differenzierung zwischen dem Sieg in Stalingrad und der Person Stalins: Letzterer sei verantwortlich „für den unschuldigen Tod einer beträchtlichen Zahl an Menschen, die nur deshalb starben, weil sie einer bestimmten Gruppe angehörten“. Gleichzeitig habe Stalin jedoch „auch eine gewisse Anzahl nützlicher Dinge für unser Land getan“. „Natürlich muss eine Bewertung der Person Stalins erfolgen. Das Allrussische Volkskonzil sowie andere gesellschaftliche Einrichtungen sollten ernstlich darüber nachdenken, wie die sowjetische Epoche unserer Geschichte zu bewerten sei, insbesondere das Wirken Lenins, Stalins, Trotzkis und anderer führender Personen jener Zeit.“
www.portal-credo.ru, 5., 6.Februar 2013 – O.S.