Russland: Bischofskonzil der Russischen Orthodoxen Kirche
Das Konzil verabschiedete eine Reihe von Erklärungen und Verordnungen, von denen in der russischen Öffentlichkeit vor allem zwei auf größeres Interesse gestoßen sind: die Erklärung zum politischen Engagement von Geistlichen und die Verordnung «Über Gotteslästerung und Verleumdung der Kirche».
Laut der ersten Erklärung ist es Geistlichen und Laien, die in bischöflichen Einrichtungen in leitender Funktion tätig sind, zwar grundsätzlich verboten, ein politisches Amt auszuüben, Mitglied einer Partei zu sein oder bei Wahlen für ein politisches Amt zu kandidieren; doch sei eine Ausnahme zulässig, wenn sie zur Verteidigung gegen «schismatische oder andersgläubige Kräfte» notwendig sei. Die Entscheidung über eine jeweilige Wahlkandidatur liege in jedem Einzelfall beim Hl. Synod.
Metropolit Ilarion (Alfejev), der Leiter des Kirchlichen Außenamtes, hatte vor der Synode erklärt, dass die Kirche zur Verteidigung ihrer Interessen und zur Abwendung eines Schismas eigene Kandidaten bei einer Wahl aufstellen lassen könne. Dies sei besonders in der Ukraine sinnvoll. Dadurch könne eine Beschädigung der Kirche durch schismatische Gruppen abgewendet werden. Der Metropolit hob dabei allerdings hervor, dass kirchliche Kandidaten weder in der Kirche Wahlpropaganda betreiben, noch sich am Wahlkampf beteiligen dürften. – Bisher sind einige orthodoxe Geistliche des Moskauer Patriarchats bei politischen Wahlen in der Ukraine angetreten. So wurde Metropolit Agafangel (Savvin) von Odessa 2010 zum zweiten Mal als Kandidat für die «Partei der Regionen» von Staatspräsident Viktor Janukovytsch ins hiesige Regionalparlament gewählt (s. G2W 1/2011, S. 10f.).
Laut Erzpriester Vladimir Vigiljanskij, dem Leiter der Presseabteilung des Moskauer Patriarchats, richtet sich die neue Verordnung «Über Gotteslästerung und Verleumdung» in erster Linie gegen Angriffe auf die Kirche aus den Medien und dem Internet. Dabei gehe es «nicht darum, die Medien einzuschüchtern, sondern sie zu warnen». Die Kirche wolle sich mit dieser Verordnung gegen zunehmende Angriffe wehren sowie jene Geistlichen in die Pflicht nehmen, die «im Internet Ansichten äußern, die von allem Anstand weit entfernt» seien (s. G2W 2/2011, S. 7).
In der Verordnung wird als erster Punkt der Begriff «Gotteslästerung» definiert: Diese sei oft auf ein «niedriges Niveau religiöser Kultur, Unkenntnis des religiösen Lebens oder das Fehlen geistlicher Erfahrung» zurückzuführen. Anders liege der Fall bei einer «bewussten Gotteslästerung oder der Verleumdung als Provokation, mit der die christliche Lehre diskreditiert oder der Kirche geschadet werden soll». Im Fall einer öffentlichen Verleumdung habe die Kirche das Recht auf gesetzlichen Schutz ihrer Würde, die ein «unabdingbarer Teil der gemeinsamen, kollektiven Würde aller ihrer Glieder » sei. Davon zu unterscheiden sei «die Kritik an negativen Erscheinungen im Leben der irdischen Kirche, die vom Standpunkt der christlichen Lehre verbesserungswürdig und überwindbar» seien.
Bei «Gotteslästerung» und «Verleumdung » sieht die Verordnung folgende Sanktionsmaßnahmen vor: Wird ein Orthodoxer der Verleumdung überführt, mahnt ihn die Kirche zur Buße; bleibt er jedoch uneinsichtig, droht ihm im Extremfall die Exkommunikation. Was die Medien betrifft, so will die Kirche zunächst das Gespräch mit der Leitung des jeweiligen Presseorgans aufnehmen, «um Positionen zu klären» und sich um eine Richtigstellung bemühen. Sollte das Gespräch allerdings scheitern, wird die Zusammenarbeit mit dem Presseorgan eingestellt und den Gliedern der Kirche empfohlen, es nicht länger zu nutzen. Zudem behält sich die Kirche vor, vor Gericht Klage aufgrund des «Schürens religiöser Hetze» einzureichen. Die Kirche sei zudem bereit, Gläubige beim Boykott feindlich gesonnener Medien zu unterstützen.
www.portal-credo.ru, 31. Januar, 3., 7., 21. Februar; KNA, 7. Februar 2011 – O.S.