Russland: Hochschulen vereinbaren Zusammenarbeit
Metropolit Ilarion (Alfejev), der Leiter des Kirchlichen Außenamtes der Russischen Orthodoxen Kirche und Rektor der kirchlichen „Kirill und Method Postgraduierten- und Doktorandenschule“, und Anatolij Torkunov, Rektor der Hochschule für Internationale Beziehungen (MGIMO) des russischen Außenministeriums, haben am 23. Oktober einen Vertag zur Zusammenarbeit unterzeichnet.
Die „Kirill und Method Postgraduiertenschule“ dient als Ausbildungsstätte der kirchlichen Elite, die MGIMO als Hochschule für angehende Diplomaten.
Der von Metropolit Ilarion und Torkunov unterzeichnete Vertrag sieht vor, dass die Studierenden einzelne Fächer an beiden Einrichtungen belegen können; geplant sind ferner gemeinsame Konferenzen, Seminare, Forschungsprojekte sowie Publikationen zu Themen wie der Rolle des religiösen Faktors in der heutigen Weltpolitik und in den internationalen Beziehungen.
In seinem Festvortrag zum „Religiösen Faktor in internationalen Beziehungen“ geißelte Metropolit Ilarion die europäische Säkularisation, die beispiellose Ausmaße angenommen habe. In der westlichen Welt führe der Verzicht auf moralische Prinzipien in der Gesellschaft und die Absage an die Allgemeingültigkeit christlicher Werte als regulierender Faktor zwischenmenschlicher Beziehungen zum Verschwinden der Religion aus dem öffentlichen Raum. Der Begriff des Humanismus gelte als politisch korrekter Begriff, der sich für gläubige Menschen im europäischen Raum jedoch zusehends mit inakzeptablem Inhalt fülle – der Verabsolutierung der menschlichen Person ohne Gott, was die Wertepriorität der europäischen Integration ernstlich in Frage stelle.
Die radikale Säkularisation führe zur Verletzung der Rechte der Christen in Europa. Die militante Säkularisation, die Absage an die moralischen Werte des Christentums, das Verabsolutieren der Wahlfreiheit des Menschen auf Kosten der gesellschaftlichen Moral sei zur Quasi-Religion der westlichen Welt geworden, deren Predigt in den internationalen Beziehungen ertöne, so Metropolit Ilarion. Das Konzept des säkularisierten internationalen Raums, das eine institutionalisierte Präsenz der Religion in zwischenstaatlichen Beziehungen ausschließe, sei mittlerweile veraltet und für die meisten Länder wenig attraktiv. Selbst in den westlichen Ländern stünde es vor ernsten Herausforderungen: Der Geburtenrückgang in Westeuropa, der vom Zustrom von zumeist stark religiös geprägten Migranten begleitet sei, stelle die Frage nach der Präsenz der Religion im öffentlichen Raum mit neuer Schärfe.
Die Russische Orthodoxe Kirche sei in allen entscheidenden internationalen Organisationen vertreten. Die Problematik der Religionsfreiheit und der kirchlich-staatlichen Beziehungen verschiebe sich heute zusehends auf die Ebene der international-rechtlichen Regulierung. Die aktive Rolle der Russischen Kirche auf internationaler Ebene mache deutlich, dass die Aufgabe der Religion im globalen Maßstab nicht auf das Private reduziert werden könne. Nicht nur das Moskauer Patriarchat, sondern zahlreiche weitere Religionsgemeinschaften bezeugten die Ideale des Guten und der Gerechtigkeit und würden zur Überwindung von Konflikten beitragen.
www.patriarchia.ru, 23. Oktober 2013 – O. S.