Russland: Immer häufiger Kopftuch-Verbot an Lehreinrichtungen
Die Regionalregierung von Mordwinien, einer Republik an der Wolga, hat verfügt, dass mit Beginn des Schul- und Studienjahres am 1. September das Tragen von religiöser und nationaler Kleidung an öffentlichen Schulen und Lehreinrichtungen verboten ist.
Unter diese Vorschrift fällt auch der Hidschab, die Kopfbedeckung muslimischer Frauen, die Kopf und Hals verhüllt. In Mordwinien leben ca. 5 % muslimische Tataren sowie fast 40 % Mordwinen, eine finno-ugrische Minderheit. Der Mufti der Zentralen Geistlichen Leitung der Muslime Mordwiniens, Fahim Schafiev, hatte bei der Staatsanwaltschaft der Republik umgehend Klage gegen das Kopftuchverbot eingereicht. Die Klage wurde jedoch abgewiesen; die Staatsanwaltschaft beschied, die Vorschrift sei zulässig. In der Universität Saransk, der Hauptstadt Mordwiniens, wurden daher Studentinnen im Hidschab der Hörsäle verwiesen.
Kaum war das Verbot in Kraft, untersagte das Rektorat der medizinischen Fakultät von Saransk den Studierenden das Tragen von Kleidern, die auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion oder Nationalität hinweisen. Gleichzeitig sprach sich das Rektorat auch gegen das Tragen von Miniröcken, Shorts, durchsichtigen Blusen und kurzen Hosen aus sowie gegen „Kleidung mit großen und grellen Mustern, Bildern, Schriftzügen und Informationen, die die politischen und religiösen Gefühle der Umgebung verletzen könnten“. Verboten seien auch auffallendes Make-up und aufdringliches Parfum. Die Kleidervorschrift habe man erlassen, „um die Ethik an der Hochschule zu optimieren“. Den jungen Männern rate man zum Tragen von Hemd, Hose, Pullover, Krawatte und Veston und den jungen Damen zu Stoffhosen oder Röcken „mit einem Saum eine Handbreit unter dem Knie“.
Im letzten Jahr haben in Russland viele Berufs- und Fachhochschulen sowie Universitäten derartige Kleidervorschriften erlassen. So untersagte die Universität Volgograd den Studierenden das Tragen des Hidschab sowie das Betreten des Universitätsgebäudes in Badeschlappen und legte ihnen nahe, sich formell zu kleiden. Im letzten Jahr hatten muslimische Eltern im Kreis Stavropol im Süden Russlands ihre Klage gegen das Kopftuchverbot bis vor das Oberste Gericht des Landes gezogen und waren gescheitert. Das Gericht wies die Klage zurück und erklärte das Tragen des Hidschab und anderer religiöser Kleidung für unstatthaft.
Novye izvestija, 15. September 2014 – O. S.