Russland: Kirchliche Stellungnahme zum Europarat
Der Bericht des Europarats vom Mai 2011 hatte spezifische Risiken für die traditionellen Werte des Europaratesformuliert, u. a. weit verbreitete Intoleranz, wachsende Diskriminierung (v. a. von Roma und Migranten), zunehmende Unterstützung für fremdenfeindliche Parteien, Parallelgesellschaften, islamischer Extremismus sowie potenzielle Zusammenstöße zwischen «Religionsfreiheit» und «Meinungsäußerungsfreiheit».
Igumen Filipp zeigte sich erfreut, dass sich der Europarat der Frage der europäischen Werte und der Stabilität des Kontinents annehme. Ebenso hob er lobend hervor, dass der Bericht die Einrichtung von Plattformen zur Verbesserung der Beziehungen zwischen religiösen und nicht-konfessionellen Organisationen vorschlage – laut Rjabych ein starkes Plädoyer gegen die Isolation der Religionen. Zudem begrüßte er, dass sich der Europarat explizit gegen die Diskriminierung von Christen in und außerhalb Europas einsetzen will. Dennoch beinhalte das Dokument laut Rjabych auch eine Reihe von Schwachpunkten: Erstens werde zwar erwähnt, dass das größte Problem Europas der Rückgang der Geburtenrate sei, doch werde darauf nur mit dem Aufruf zum friedlichen Zusammenleben mit den daher notwendigen Immigranten reagiert und keineswegs mit einer Politik der Stärkung von Familienwerten und der Förderung von Kinderreichtum bei der europäischen Urbevölkerung. Zweitens werde nur auf die Situation von Immigranten eingegangen, deren Herkunftsländer nicht dem Europarat angehörten, und unter den binneneuropäischen Migrationsströmen werde nur den Roma besondere Beachtung zuteil, während Migranten aus Weißrussland, der Ukraine, Moldova und Russland oft ähnlichen Problemen begegneten. Drittens werde immigrierten Minderheiten im Bericht zwar zu Recht viel Aufmerksamkeit geschenkt, doch würden die Rechte der Mehrheit und deren Ängste zu wenig berücksichtigt. Rjabych bemängelt auch die fehlende Klarheit im Abwägen der Religionsfreiheit gegen die Meinungsäußerungsfreiheit in Fällen von Gotteslästerung – dabei bezog er sich auf die Mohammed-Karikaturen und die Ausstellung «Achtung, Religion!» (s. G2W, 5/2010, S. 15-17; G2W 1/2011, S. 8f.) und verwies auf das neueste Dokument der Russischen Orthodoxen Kirche «Über Gotteslästerung und Verleumdung» (s. G2W 4/2011, S. 5). Am 7. November hat die Vertretung der ROK in Straßburg entsprechende Vorschläge zum weiteren Vorgehen veröffentlicht.
Bereits im Juni hatte Patriarch Kirill an einem Treffen des «European Council of Religious Leaders» (ECRL) in Moskau auf die Risiken einer Entvölkerung Europas und einer moralische Krise der Gesellschaft hingewiesen, denen die Religionsgemeinschaften mit der Förderung moralischer Werte entgegenwirken sollten.
http://www.rfp-europe.eu/index. cfm?id=111688; www.patriarchia.ru, 21. Juni, 7. September; www.strasbourg-reor.org, 7. November 2011 – R.Z.