Russland: Metropolit Ilarion auf WikiLeaks
Der Metropolit habe dabei hervorgehoben, dass die Russische Kirche eine einflussreiche Größe in Russland sei und der Patriarch der «geistliche Führer der ganzen Nation». Die wichtigste Rolle der Kirche sehe er in der Unterstützung der Regierung.
Bei der politischen Entwicklung Russlands mahnte Metropolit Ilarion Geduld an: Das Land habe nur 20 Jahre Zeit gehabt, um eine Demokratie aufzubauen; andere Länder wie die USA oder Groß- britannien hätten dazu Jahrhunderte zur Verfügung gehabt. Die russische Demokratie müsse zu keiner Kopie der amerikanischen werden, sondern in Anbetracht seiner Kultur und Geschichte vielmehr die Form einer «gelenkten Demokratie» annehmen. «Stabilität und eine starke Leitfigur» hätten den Russen schließlich «immer gefallen». Die Experimente mit der Demokratie in den 1990er Jahren sowie die Wahlen von 1996 be- zeichnete Metropolit Ilarion als «Katastrophe», da das Land völlig gelähmt gewesen sei und vor der keineswegs verlockenden Wahl zwischen Jelzin, Sjuganov und Schirinovski gestanden habe.
Laut Beyrle habe der Metropolit «mit Bitterkeit» zugegeben, dass nur 5 % der Russen regelmäßig den Gottesdienst besuchten, obwohl sich 70 bis 80 % von ihnen als orthodox bezeichneten; ein noch geringerer Prozentsatz lebe «gemäß den orthodoxen Geboten»: «Das Dilemma der Kirche besteht darin, zwischen sich und den jungen Menschen eine Brücke zu bauen [...], gleichzeitig jedoch das ursprüngliche We- sen der kirchlichen Lehre zu bewahren. Wir dürfen die Gottesdienste weder er- neuern noch modernisieren, sondern wir müssen die kulturellen und psychologischen Hürden überwinden, die das religiöse und säkulare Leben in Russland voneinander trennen.»
www.portal-credo.ru, 9. Dezember; www.religio.ru, 10. Dezember 2010 – O.S.