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Russland: Russische Orthodoxe Kirche suspendiert drei Priester

19. Mai 2011
Wegen massiver Kritik am russischen Patriarchen Kirill hat Metropolit Nikolaj (Schkrumko) von Ischewsk und Udmurtien am 1. April drei Priester seiner Eparchie suspendiert.

Die drei Priester – Erzpriester Sergej Kondakov, Leiter der Abteilung für die Zusammenarbeit mit den Militär- und Rechtsschutzorganen der Eparchie Udmurtien, Erzpriester Michail Karpeev und Priester Alexander Malych – hatten zuvor in einem offenen Brief erklärt, Patriarch Kirill nicht länger in der Liturgie kommemorieren zu wollen.

In ihrem Brief beklagten die drei Priester, dass Russland und die Russische Orthodoxe Kirche für die über 70-jährige Herrschaft der Kommunisten und die Zusammenarbeit mit dem KGB bis heute keine Buße getan habe. Unumgänglich sei zudem der Austritt der Kirche aus dem Ökumenischen Rat der Kirchen, da die Kirche diesem auf massiven Druck des kommunistischen Regimes beigetreten sei. Der Patriarch müsse sich «vom Ökumenismus entschieden abgrenzen » und «den theologischen Dialog mit dem Vatikan abbrechen». Sämtliche Ordensverleihungen an Politiker und Geschäftsleute seien einzustellen; der Patriarch solle die ranghöchsten Politiker «nicht nur segnen und umarmen, sondern auch entlarven». Er solle außerdem seine Zustimmung zur geplanten elektronischen ID-Karte verweigern, da diese eine Bedrohung für Land und Volk darstelle. Die Priester kritisierten auch den luxuriösen Lebensstil des Patriarchen. Dieser solle sein Augenmerk auf die «vielen Dorfpriester richten, die an der Armutsgrenze leben, während ein beträchtlicher Teil der städtischen Geistlichkeit, hofiert von den Mächtigen dieser Welt, in Luxus schwelgen ». Hinzu käme, dass die Kirche über zu wenig aufopferungsbereite Priester verfüge. Deshalb würden die Priester den Patriarchen erst dann wieder in der Liturgie kommemorieren, nachdem er öffentlich Buße getan habe.

Metropolit Nikolaj enthob daraufhin die drei Geistlichen ihrer Ämter, da die Verbreitung von «falschen und verleumderischen Meinungen über die Kirche und den Patriarchen» den Klerus und die Gläubigen zu spalten drohe. Zugleich drohte Metropolit Nikolaj den Priestern mit der Versetzung in den Laienstand, falls sie ihre Anschuldigungen fortsetzten. Die drei Priester sind aber nicht zum Einlenken bereit, vielmehr verweisen sie auf ihren großen Rückhalt unter den Gläubigen.

Tatsächlich hat der offene Brief der drei Priester ein beträchtliches öffentliches Echo ausgelöst, obwohl die Forderungen nicht neu sind und von traditionalistischen bis hin zu rechtsgerichteten kirchlichen Kreisen immer wieder gestellt werden; prominentestes Beispiel dafür ist der frühere Bischof Diomid (Dzjuban) von Anadyr und Tschukotka (s. G2W 1/2009, S. 9). Neu ist aber, dass es sich bei den drei Geistlichen um respektierte, recht gebildete und engagierte Priester handelt. Und neu ist auch, dass sie nicht nur von Traditionalisten Unterstützung erfahren, sondern ebenso von liberalen Geistlichen und Laien, die insbesondere den Schulterschluss zwischen der Kirche und der Staatsmacht sowie den Reichtum eines Teils des Klerus kritisieren.

Laut Roman Lunkin, dem Leiter des Moskauer Instituts für Religion und Recht, denken viele Geistliche der Russischen Orthodoxen Kirche ähnlich wie die drei Priester – aus Sorge um ihre materielle Sicherstellung wagten sie jedoch keinen solchen öffentlichkeitswirksamen Schritt. Aus Sicht dieser Priester werde die Kirche auf Kosten der Askese und des Gebets immer säkularer, verschmelze immer mehr mit dem Staat, modernisiere sich nach dem Vorbild des Vatikans und gehe faktisch mit den Katholiken eine Union ein.

Die drei Priester haben mittlerweile auf Anweisung der Polizei ihre Kirchen geräumt und in einem Turnsaal in Ischewsk die Liturgie gefeiert. Die Präsidialadministration Udmurtien rügte daraufhin die Ischewsker Stadtverwaltung, dies gestattet zu haben, da den Priestern Zelebrierverbot auferlegt worden sei. Am 22. April veröffentlichten die drei Priester einen zweiten Brief, in dem sie ihre drohende Laisierung als «unkanonisch » bezeichneten: Dies sei lediglich die «Rache der in der Häresie versunkenen Hierarchie des Moskauer Patriarchats ».

www.portal-credo.ru, 31. März – 22. April; KNA-ÖKI, 18. April 2011 – O.S.

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