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Russland: Russisches Volkskonzil diskutiert über Nationalitätenpolitik

13. Januar 2014

Unter dem Vorsitz eines aus hochrangigen Politikern, Bischöfen und Priestern der Russischen Orthodoxen Kirche zusammengesetzten Präsidiums haben mehrere hundert Teilnehmer des 17. Allrussischen Volkskonzils vom 31. Oktober bis 1. November im Konzilssaal der Moskauer Christus-Erlöser-Kathedrale über „Russland als Zivilisation. Solidargemeinschaft und Zukunft des russischen Volkes“ diskutiert.

In seiner Eröffnungsrede warnte Patriarch Kirill, das Ignorieren der Interessen der Russen käme einer Zerstörung des Landes gleich: Wenn – wie die jüngsten ethnischen Zusammenstöße im Moskauer Stadtteil Birjulovo gezeigt hätten – die Behörden die ausufernde Migration, die mit ihr einhergehende Kriminalität sowie das provokante Auftreten der Migranten weiterhin nicht in den Griff bekämen, so drohe Russland, das bereits jetzt am Abgrund stünde, der Kollaps. Ließe man die Meinung der russischen Mehrheitsbevölkerung weiterhin außer Acht, dann gewönnen die, die Russland zerstören wollten, die Oberhand. Werde die russische Frage aus dem öffentlichen Bereich verdrängt, dann führe dies zu einem lawinenartigen Ansteigen von Aggression. Es sei höchst gefährlich, die Russen, insbesondere die Jugend, vom Staat, seinen Einrichtungen sowie seinen Wirtschaftsführern zu entfremden. Niemals könnten sich Russen mit Leuten einverstanden erklären, die ein Russland ohne Russen, ohne nationales und religiöses Gesicht sehen möchten.

Allerdings dürfe Russland ebenso wenig ein Land nur für Russen sein, so der Patriarch: Russland gereiche der Welt zum Vorbild für ein gerechtes und friedliches Miteinander der verschiedenen Ethnien, es habe hier nie ein Herren- oder ein Sklavenvolk gegeben, noch sei es jemals ein „Völkergefängnis“ gewesen. Es gäbe Kräfte, die alles täten, um Russland zu schwächen, es zu spalten und weltanschaulich wie moralisch zu desorientieren: „Diese Kreise fürchten sich am meisten vor einer echten Wiedergeburt der russischen Zivilisation auf Grundlage eines im Leben verankerten Glaubens und eines gesellschaftlich relevanten Handelns. […] Ohne den Beitrag der Russen ist die Symphonie der Ethnien, die unserer Zivilisation ihr unverwechselbares Antlitz aufprägt, undenkbar. Der Dialog der Völker, der berufen ist, Harmonie in die interethnischen Beziehungen zu bringen, kann sein Ziel ohne die Stimme der Russen und des russischen Faktors nicht erreichen. Das Volkskonzil ist mittlerweile genügend reif und einflussreich, um das russische Volk auf zwischennationaler Ebene zu vertreten.“

Sergej Ivanov, Chef der Kreml-Administration, erklärte, Russland könne und wolle fremde Modelle nicht blind und unbedacht kopieren: „Wir lehnen den absurden Grad an westlicher politischer Korrektheit und an Multikulturalismus sowie den engen liberalen Markt bar jeder spezieller gegenseitiger Verpflichtung ab. Bei der Übernahme internationaler und politischer Erfahrungen sollten wir jene Aspekte auswählen, die unseren Traditionen und unserer nationalen Identität entsprechen und sie weiterentwickeln.“ Russlands Zivilisation beruhe auf den Werten der traditionellen Religionen, Kulturen und Weltanschauungen all jener Völker, die in ihm lebten. Dabei gehe es um Familie, gesellschaftliche Moral, Freundlichkeit, Edelmut und Wohltätigkeit – lauter Dinge, die auch dem Islam, Judentum und Buddhismus eigen seien. Diese Werte ließen sich nicht verdrängen, zumal sie stets „die innere Stärke unseres multinationalen Volkes gebildet“ hätten.

Zum Schluss der Tagung veröffentlichte das Volkskonzil eine Erklärung, in der es heißt, die Zukunft Russlands hänge von einer weisen Nationalitätenpolitik ab. Der Verfall des russischen Nationalbewusstseins werde ähnliche katastrophale Folgen zeitigen, wie der Zusammenbruch des römischen oder byzantinischen Reiches und wäre „das Ende Russlands als Staat und als spezifische kulturhistorische Welt“. Die dreifache Aufgabe der russischen Nationalitätenpolitik sei: eine umfassende Stärkung des russischen Nationalbewusstseins, der Schutz der ethnokulturellen Identität aller Völker Russlands sowie die Bildung einer multinationalen zivilisatorischen Gemeinschaft.

www.patriarchia.ru, 31. Oktober, 1. November; www.pravmir.ru, 1. November; www.ng.ru, 1. November – O. S.

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