Russland schützt Schriften der Weltreligionen vor Extremismusurteilen
Am 11. November hat die Duma ein Gesetz verabschiedet, das die Schriften der Weltreligionen schützt. Die Bibel, der Koran, der Tanach und der Kanjur sowie Zitate aus ihnen können nun nicht mehr als „extremistisch“ eingestuft werden.
Der Gesetzesentwurf war eine Reaktion Putins auf ein umstrittenes Urteil auf der russischen Pazifikinsel Sachalin. Dort hatte im August ein Richter das Buch „Bitten an Gott: Ihre Bedeutung und ihr Platz im Islam“ wegen Koranzitaten auf den Index gesetzt. Dagegen hatten Spitzenvertreter der Muslime protestiert.
Im Kommentar zum Gesetz heißt es, dass das Christentum, der Islam, das Judentum und der Buddhismus „einen unveräußerlichen Teil des historischen Erbes der Völker Russlands bilden“. Zudem garantiere die russische Verfassung die Religionsfreiheit.
Die Präsidialadministration hatte bei der Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs die Russische Orthodoxe Kirche sowie Vertreter der drei anderen Religionsgemeinschaften konsultiert. Deren Meinung sei dennoch zu wenig berücksichtigt worden, kritisierte Vsevolod Tschaplin, der Leiter der Synodalabteilung für die Beziehungen zwischen Kirche und Gesellschaft. Es habe nur zwei sehr kurze Treffen gegeben, an denen der Gesetzesentwurf mit Kirchenvertretern diskutiert worden sei. Außerdem seien die zuständigen kirchlichen Behörden – der juristische Dienst des Moskauer Patriarchats und die Synodalabteilung für die Beziehungen zwischen Kirche und Gesellschaft – nicht beteiligt gewesen. Einwände und Wünsche der Religionsgemeinschaften seien nicht aufgenommen worden, deshalb hoffe er auf eine Weiterführung der Gespräche. Die heiligen Schriften seien für Gläubige ein „höheres Gesetz“, das ihr Leben bestimme, und wenn staatliche Vorschriften in Widerspruch zu diesen treten sollten, sei das eine ernsthafte Gefährdung der gesellschaftlichen Stabilität. Die Glaubensgemeinschaften haben sich laut Tschaplin dafür eingesetzt, weitere religiöse Schriften unter Schutz zu stellen. Das Gesetz an sich bezeichnete er als „Schritt in die richtige Richtung“.
www.interfax-religion.ru, 11., 12. November; www.sclj.ru, 13. November; www.portal-credo.ru, 12. November; Kathpress, 12. November 2015 – N. Z.