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Russland: Staatsanwaltschaft fordert Verbot der Parole «Orthodoxie oder Tod!»

16. September 2010

Die Staatsanwaltschaft des Moskauer Bezirks Ljublino hat am 7. Juni Anklage gegen die Produzenten und Vertreiber eines schwarzen T-Shirts mit der Aufschrift «Orthodoxie oder Tod!» erhoben.

Die Staatsanwaltschaft legte ein Gutachten vor, wonach das T-Shirt den Tatbestand der religiösen Hetze erfülle und demnach laut Art. 282 des russischen StGB («Verbot extremistischer Tätigkeit») strafbar sei. Die Verteidigung der Produzenten verlangte dagegen ein Gegengutachten; mittlerweile beschäftigt sich das Justizministerium mit der Klage der Staatsanwaltschaft.

Das umstrittene T-Shirt wird vom «Bund orthodoxer Bannerträger» hergestellt und vertrieben. Der «Bund» ist eine Organisation der extremen Rechten, die sich am Rand der Illegalität bewegt und mit ihren nationalistischen Auftritten und dezidiert antiökumenischen Parolen immer wieder für Furore sorgt. Die Parole «Orthodoxie oder Tod!» ist auf dem schwarzen T-Shirt um drei Totenkopfschädel mit Dolchen zwischen den Zähnen platziert; gekrönt wird der Schriftzug mit einem orthodoxen Kreuz, während die Ärmel des T-Shirts mit einer Symbolik verziert ist, die an NS-Symbole erinnert. Die Idee zu dem T-Shirt hatte Igor Miroschnitschenko, nachdem er 2004 von einer Reise des «Bundes» nach Serbien zurückgekehrt war. Miroschnitschenko hat bereits eine ganze Reihe ähnlich martialischer T-Shirts und Kopfbedeckungen entworfen, die sich insbesondere in der russischen Rockszene großer Beliebtheit erfreuen, vor allem bei der höchst populären Hard-Rockband «Alisa», deren Leadsänger Konstantin Kintschev mit seinen nationalistischen und kaum verschleierten antisemitischen Songs immer wieder Skandale entfacht. Kintschev ist seit dem 26. Juli Mitglied des Kulturrates des Moskauer Patriarchats.

Die Anklage der Moskauer Bezirksstaatsanwaltschaft rief beim «Bund orthodoxer Bannerträger» und in nationalistischen orthodoxen Kreisen einen Sturm der Entrüstung hervor. Es drohe die Verfolgung Orthodoxer, falls die Angeklagten verurteilt würden, zudem sei das Recht auf freie Meinungsäußerung in Gefahr. Die Parole «Orthodoxie oder Tod!» richte sich keinesfalls gegen Andersgläubige, sondern zeige, dass der Träger eines solchen T-Shirts bereit sei, für die Orthodoxie zu sterben. Außerdem stammten die Worte vom hochehrwürdigen Kloster Esphigmenou auf dem heiligen Berg Athos und seien somit sakrosankt.

Die Mönche des Athos-Klosters Esphigmenou haben seit 1972 eine schwarze Fahne mit großem weißem Kreuz und der Aufschrift «Orthodoxie oder Tod!» an ihre Klostermauern gehängt, um gegen den Dialog des Ökumenischen Patriarchats mit der römisch-katholischen Kirche zu protestieren. Aus Sicht der Mönche bedeutete die feierliche Aufhebung des gegenseitigen Anathemas von 1054 durch Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras 1965 einen «Verrat» des Ökumenischen Patriarchen an der Orthodoxie und die «Verbindung mit Katholiken und Freimaurern ». Im Laufe der Jahrzehnte ist das Kloster zum Zentrum aller ultra-konservativen Richtungen der Orthodoxie geworden; die von den Mönchen propagierte Theorie von der «Häresie des Ökumenismus» stößt bei ultra-konservativen, oft nationalistisch gesonnenen Kirchenkreisen auf große Zustimmung.

Prominente Unterstützung erhielt der «Bund orthodoxer Bannerträger» durch Bischof Pitirim (Volotschkov) von Syktyvkar und Vorkuta. Auf der Internetseite seiner Eparchie ließ dieser erklären, die Parole «Orthodoxie oder Tod!» sei keineswegs «extremistisch, denn ohne die Heilige Orthodoxie sind wir wahrhaft des Todes! Die russische orthodoxe Symbolik nützt Russland weitaus mehr als alle [westliche] Propaganda […] Ich unterstütze solches immer, denn sonst meint man, es gebe keinen, der die russische Orthodoxie und ihre Symbole verteidigt.»

www.portal-credo.ru, 10. Juli – 5. August; www.syktyvkar.eparchia.ru, 20. August; www.pycckie.org, 20. August 2010 – O.S.

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