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Russland: Ultraorthodoxe überfallen Parteizentrale von Jabloko in Moskau

25. April 2013

Aktivisten einer bisher unbekannten ultraorthodoxen Organisation Bož’ja volja (Wille Gottes) sind am Abend des 15. März nach Arbeitsschluss in die Zentrale der liberalen Partei Jabloko in Moskau eingedrungen,

entwendeten dort sämtliches Informationsmaterial und verbrannten es vor dem Büro auf der Straße. Dazu skandierten sie: „Jabloko ist die Partei der Satanisten und Perversen“. Die Aktion filmten sie mit dem Handy und stellten sie ins Internet. Einer der Anführer, Dmitrij Zorionov, der sich auch bei anderen Aktionen von Ultraorthodoxen hervorgetan hat, rief in die Kamera, seine Organisation werde „sich an die Staatsanwaltschaft wenden, damit die die sog. ‚Partei Jabloko‘ als extremistisch einstuft, weil diese unser Volk zersetzt und die Russische Orthodoxe Kirche bekämpft. […] Sie wird aus dem Ausland finanziert, damit sie die Grundlagen unserer Gesellschaft aufweicht und sie demoralisiert.“ Die Gruppe bestand aus etwa zehn jungen Männern und Frauen. Am folgenden Sonntag, nach orthodoxem Kalender dem Sonntag der Versöhnung, drangen sie ins Moskauer Darwin-Museum ein, bewarfen die Besucher mit bunten Flugblättern über die „pseudowissenschaftliche Evolutionstheorie“ und entrollten Plakate mit kreationistischen Aufschriften.

Von anderen ultraorthodoxen Gruppierungen erhielten die Aktivisten Beifall in den sozialen Netzwerken: Jabloko führe „einen systematischen, professionellen politischen Informationskrieg gegen die Russische Orthodoxe Kirche“, daher müsse man kämpfen, „bis diese widerwärtige Gruppe aus dem politischen Raum unserer Heimat endgültig hinweggefegt ist“. Igumen Vitalij (Utkin) lobte die Gruppe in seinem Blog für ihre „hervorragende Tat“, die er gut nachvollziehen könne. Igumen Vitalij ist Leiter der Abteilung für Zusammenarbeit zwischen Kirche und Gesellschaft der Metropolie Ivanovsk. Bekannt geworden war er während der Massenproteste bei den Wahlen im Dezember 2011, als er den Truppen des Innenministeriums, „falls nötig, seinen Segen zur Unterdrückung des Aufstands“ hatte spenden wollen.

Erzpriester Vsevolod Tschaplin, der Leiter der Synodalabteilung für die Beziehungen zwischen Kirche und Gesellschaft des Moskauer Patriarchats, erklärte demgegenüber im russischen Fernsehen, dass „der Geist der Aktion eine Spur aggressiver als nötig“ gewesen sei, die orthodoxe Jugend müsse in friedlichem Geist und im Rahmen des Gesetzes handeln. Vladimir Legojda, der Leiter der Synodalabteilung für Information, erklärte, „orthodoxes Engagement für die Gesellschaft“ beschränke sich ausschließlich auf „Hilfe für die Mitmenschen oder das Zeugnis für die Wahrheit. Mit der Art und Weise aber, wie die Aktivisten ihre Tat durchgeführt haben, haben sie den Schatz des Glaubens an Christus auf das Niveau eines Polit-Happenings herabgewürdigt.“ Kritiker beanstanden immer wieder, dass sich die Russische Orthodoxe Kirche nicht entschlossen genug von dem rechtsnationalen bis rechtsextremistischen Flügel in ihren Reihen distanziert und dessen geistliche Exponenten suspendiert.

www.portal-credo.ru, 18.–21. März 2013 – O. S.

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