Russland: Umfrage des Levada-Zentrums zur Unterstützung der Friedensmärsche
22. Oktober 2014
In Moskau und anderen russischen Großstädten fanden am 21. September Friedensmärsche für ein Ende des Krieges in der Ukraine statt, zu dem alle Oppositionsparteien des Landes aufgerufen hatten. Die Moskauer Behörden genehmigten die Demonstration in der russischen Hauptstadt für maximal 50 000 Teilnehmer; nach Angaben der Polizei nahmen 5 000 Personen an der Protestkundgebung teil, die Organisatoren sprachen von mehreren Zehntausend.
Zum Friedensmarsch hatte das renommierte russische Meinungsforschungsinstitut Levada-Zentrum vom 19. bis 22. September eine Umfrage über eine mögliche Beteiligung an der Protestaktion durchgeführt. Befragt wurden 1 600 Personen ab 18 Jahren in über 100 Ortschaften in ganz Russland. Laut der Umfrage unterstützte fast ein Drittel (29 %) der Befragten den Friedensmarsch „gegen die Einmischung Russlands in die inneren Angelegenheiten der Ukraine“, wie es im Fragebogen heißt. 6 % unterstützten diesen „klar und deutlich“, 23 % unterstützen ihn „eher“. Fast die Hälfte der Befragten unterstützte den Friedensmarsch nicht (49 %): 27 % gaben an, sie würden ihn „eher nicht“ unterstützen, 22 % unterstützen ihn „überhaupt nicht“. Unentschlossen in dieser Frage waren 23 % der Befragten.
Wenn in nächster Zeit in der Stadt oder der Umgebung der Befragten ein Friedensmarsch stattfinden würde, so wären 12 % bereit, ihn zu unterstützen. Nicht teilnehmen würden an den Protesten 79 % der Befragten, das sind 3 % mehr als im März bei der letzten Umfrage des Levada-Zentrums. Die Bereitschaft, an Protesten teilzunehmen, ist in der Altersgruppe der 25–39-Jährigen (15,8 %) am höchsten, in der Altersgruppe der 18–24-Jährigen am niedrigsten (56,2 %).
Die Soziologin Tatjana Stanovaja vom Levada-Zentrum erklärte, die Umfrageergebnisse reflektierten nicht die Zahl derer, die mit der Idee des Friedensmarsches sympathisierten, sondern derjenigen, die grundsätzlich auf dem Recht des Einzelnen auf solche Protestaktionen beharrten. Die verwendete Formulierung „Einmischung in innere Angelegenheiten“ habe für die Befragten eine negative Konnotation gehabt, deshalb reiche die vorliegende Umfrage noch nicht aus, um den Grad der tatsächlichen Unterstützung für den Friedensmarsch zu erschließen. „Es lässt sich eher sagen, dass beachtlich viele Menschen noch immer das Demonstrationsrecht und das Recht auf Versammlungsfreiheit verteidigen“, meinte Stanovaja.
Die Mitglieder der Gesellschaftskammer, eine 2005 von Putin gegründete Organisation mit Vertretern aus allen Gesellschaftsgruppen zur Imitation der Zivilgesellschaft, hatten die Teilnehmer des Friedensmarsches im Vorfeld verunglimpft. Dieser sei ein „Marsch der Verräter“, dessen Teilnehmer handelten im politischen Auftrag der USA: „Sollen die Organisatoren diesen Marsch doch in Kiew abhalten – die ukrainischen Gewalthaber führen den Krieg, an die sollen sie sich wenden. Russland tut nämlich alles, damit wieder Frieden in der Ukraine herrscht“, machte der Stv. Sekretär der Gesellschaftskammer deutlich.
www.civitas.ru,
25. September 2014 – O. S.
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