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Russland: Urteil gegen das Moskauer Demonstrationsverbot für Homosexuelle

17. Februar 2011
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 21. Oktober 2010 das Demonstrationsverbot für Homosexuelle der Moskauer Stadtverwaltung verurteilt, weil es gegen das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, das Recht auf effektiven Rechtsschutz sowie gegen das Diskriminierungsverbot verstoße.

Die Moskauer Stadtverwaltung hat die Durchführung einer Gay- Parade in der russischen Hauptstadt bereits mehrmals untersagt. Vor russischen Gerichten sind die Veranstalter mit ihren Klagen abgewiesen worden.

Auf Anfrage des russischen Internetportals Interfax-Religion verurteilt Igumen Filaret (Bulekov), seit 2004 Vertreter des Moskauer Patriarchats in Straßburg, den Entscheid des Menschenrechtsgerichtshofs. Dieser sei ohne Rücksicht auf die gesellschaftliche Tradition gefällt worden. Es sei in Russland – im Gegensatz zum brasilianischen Karneval – nicht üblich, das Intimleben der Menschen im öffentlichen Raum zu thematisieren. Den Gay-Parades gehe es sichtbar nicht um Minderheitenrechte, sondern um die Feier eines Lebensstils, der jedoch beispielsweise Minderjährigen nicht vorgeführt werden sollte. Das Problem bestehe vor allem darin, dass die Menschenrechte, welche die Pflichten der Mehrheit gegenüber den Minderheiten und einzelnen Persönlichkeiten formulieren, die Pflichten dieser Minderheiten gegenüber der Mehrheit immer stärker ignorieren. Solche Entscheidungen seien nicht nur erfolglose Versuche, sozialen Frieden zu schaffen und die Persönlichkeitsrechte zu stärken, sondern provozierten vielmehr auch neue Spannungen.

Sollten ähnliche Urteile zunehmen, so Igumen Filaret mit Verweis auf das Kruzifix- Verbot durch den Straßburger Gerichtshof, «schließe ich die Möglichkeit nicht aus, dass die Russische Kirche gemäß ihrer Soziallehre die immer stärker hörbaren Appelle an den russländischen Staat unterstützen wird, die Formen der Beteiligung an den internationalen Verträgen, welche die Verteidigung der Menschenrechte betreffen, zu überdenken.»

Orthodoxie aktuell 12/2010, S. 15; www.patriarchia.ru, 1. November 2010 – R.Z.

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