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Russland: Zelebrierverbot und Schweigegebot für drei Priester

27. Februar 2013

In Russland sind drei bekannte Geistliche von der Kirche mit einem Zelebrier- bzw. Schweigeverbot gemaßregelt worden.

Metropolit Juvenalij (Pojarkov) von Kruticy und Kolomna hat am 16. Januar als Stv. Oberhaupt der Eparchie Moskau Priester Dimitrij Sverdlov „wegen eigenmächtigen Verlassens seiner Gemeinde“ mit fünf Jahren Zelebrierverbot und Suspendierung gemaßregelt. Bekannt geworden war Sverdlov mit einem Beitrag auf der Internetseite Pravmir.Ru über massive Wahlfälschungen während der Präsidentschaftswahlen im Dezember 2011 (s. RGOW 2/2012, S.Zudem hatte er sich im Frühjahr 2012 auf seinem Blog bereit erklärt, sich bei der Punk-Band Pussy Riot wegen des gegen sie gerichteten „rasenden Hasses“ einiger Orthodoxer zu entschuldigen. Neben zahlreichen seelsorgerlichen Ratschlägen publizierte Sverdlov auf Pravmir.Ru auch eine Reihe kritischer Beiträge zu den Haftbedingungen in Russland, zum Verhältnis von Kirche und Staatsmacht sowie zur Flutkatastrophe in Krymsk im Juli 2012.

Suspendiert wurde auch Prieser Ioann Privalov, Vorsteher einer Dorf-Gemeinde bei Archangelsk: Am 12. Januar ist er von der Eparchialversammung Archangelsk „unter besondere seelsorgerliche Aufsicht“ an die Kathedrale von Archangelsk überstellt worden, damit er „wegen kirchlicher Neuerungen Buße tut“. Privalov steht der „Gemeinschaft ‚Begegnung des Herrn‘ der Kleinen Bruderschaften“ von Priester Georgij Kotschetkov nahe. Diese Gemeinden zeichnen sich durch ein intensives Katechumenat, sonntäglichen Kommunionempfang, eine teilweise Verwendung des Russischen in der Liturgie sowie durch ein reges soziales und kulturelles Gemeindeleben aus. Die Gemeinde von Priester Privalov galt bis anhin als eine der aktivsten in der gesamten Eparchie Archangelsk. Privalovs vermeintliche ‚Neuerungen‘ hatten seit Monaten den Argwohn ultrakonservativer Kreise hervorgerufen, die den Geistlichen der Häresie und des Sektierertums beschuldigen und deren Druck die Leitung der Eparchie nun offenkundig nachgegeben hat.

Erzpriester Prof. Dr. Georgij Mitrofanov, Kirchenhistoriker an der Geistlichen Akademie St. Petersburg, bestätigte am 23. Januar gegenüber Interfax-Religija, dass die Kirchenleitung ihm „keinen Segen für den Kontakt mit der Presse erteilt“ habe und er dieser Weisung folgen werde. Erzpriester Mitrofanov hatte in zahlreichen Aufsätzen zur Kirchengeschichte des 20. Jahrhunderts sowie in Interviews für eine kritische Auseinandersetzung der Russischen Orthodoxen Kirche mit der eigenen Geschichte und eine intensive Beschäftigung mit Fehlentwicklungen des kirchlichen Lebens in den letzten 20 Jahren plädiert (s. G2W 7–8/2010, S. 42–43). Seine Überlegungen stießen dabei immer wieder auf heftigen Widerspruch erzkonservativer Kreise.

Die russische Presse hat die Maßregelungen der drei Geistlichen ausführlich kommentiert und besonders die Suspendierungen von Sverdlov und Privalov als zu hart und ungerechtfertigt kritisiert und als „politische Repression“ bezeichnet. Kritische Stimmen im Patriarchat meinten, die Empörung Sverdlovs über die Wahlen oder die Missstände in Krymsk seien verständlich, nur müsse er sich zumindest für einige Zeit der Gehorsamspflicht beugen, die gehöre „zum System“. Priester würden nicht zu Unrecht mit Soldaten verglichen, die Befehle befolgen müssten. Dass Geistliche von einer Gemeinde in die andere versetzt würden, sei ein Erbe der Sowjetzeit; Priester Sverdlov solle froh sein, dass er nicht laisiert worden sei.

www.pravmir.ru, 16. Januar; www.portal-credo.ru, 15., 23. Januar; www.religio.ru, 16., 23. Januar 2013 – O. S.

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