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Sektenähnliche Zustände in innerkirchlicher Bewegung in Polen

17. März 2009

In einem Ende Januar veröffentlichten Abschlussbericht kommt eine vom Warschauer Erzbischof Kazimierz Nycz eingesetzte Kommission zum Schluss, in der innerkirchlichen Bewegung «Gemeinschaft der Heiligen Familie von Nazareth» sei es zu gravierenden sektiererischen Fehlentwicklungen gekommen. Der Erzbischof hat daraufhin die «Gemeinschaft» aufgefordert, ihre Struktur zu überarbeiten, das Leitungsteam auszutauschen, Missstände in der Doktrin zu beheben und keine Parallelstruktur zur offiziellen Kirche aufzubauen.

Die «Gemeinschaft der Heiligen Familie von Nazareth» wurde 1985 vom Warschauer Priester Tadeusz Dajczer gegründet. Ziel der Bewegung ist, ihren Mitgliedern innerhalb der Strukturen der offiziellen Kirche vertiefte spirituelle Erfahrungen zu ermöglichen. Die «Gemeinschaft» hatte bereits in den 80er-Jahren über die Grenzen Polens hinaus Anhänger gewonnen, gegenwärtig fühlen sich ihr weltweit in 40 Ländern rund 45 000 Gläubige zugehörig. Im Erzbistum Warschau gehören ihr ca. 3000 Gläubige an; nur auf deren Situation bezieht sich der Untersuchungsbericht, der jedoch nicht ausschließt, dass die Missstände teilweise auch auf andere «Sektionen» der Gemeinschaft übergegriffen haben könnten.

Laut dem Bericht stellt ein zentrales Problem die «Tätigkeit» eines Freundes des Gründers, S?awomir Biela, dar. Dieser hatte anscheinend unter der Anleitung von Dajczer in den 80er-Jahren angefangen, sich als «Medium» der Mutter Gottes zu gebärden, die «durch ihn spreche». Unklar bleibt, ob die Initiative ursprünglich von Biela ausging, und in wie weit die führenden Personen der Gemeinschaft selbst von der «Medialität » von Biela überzeugt waren. Den Gläubigen wurde allerdings versichert, der offiziellen Kirche sei Bielas Charisma bekannt, obwohl dies nicht der Fall war. Dem Erzbischof offenbarte Dajczer 2007, dass es in den Warschauer Kreisen der Bewegung zu Fehlentwicklungen gekommen sei. Er distanzierte sich von Biela, den er als physisch angeschlagen darstellte, gab die Leitung der Bewegung ab. Wie jedoch der Bericht feststellt, habe er weiterhin - wie auch Biela - enge Kontakte zu den Mitgliedern der Gemeinschaft unterhalten. Im Bericht wird zudem eine Reihe weiterer problematischer Zustände innerhalb der «Gemeinschaft der Heiligen Familie von Nazareth» aufgelistet, darunter dogmatische Fehlentwicklungen (etwa eine Überhöhung der Bedeutung der Mutter Gottes; falsche Auffassungen der geistlichen Leitung, die sich u. a. darin äußerten, dass «Abtrünnigen» mit der Verdammnis gedroht wurde; ein zu individualistisches Menschenbild) und undurchsichtige Finanzstrukturen.

In einer ersten Reaktion auf den Bericht der erzbischöflichen Kommission dankten Vertreter der «Gemeinschaft» dieser für die Empfehlungen und versprachen, diese zügig umzusetzen. Nach den Worten des gegenwärtigen Leiters, Robert Wyszomirski will sich die «Gemeinschaft » darum bemühen, sich wieder mehr auf ihr ursprüngliches Anliegen zu konzentrieren und insbesondere stärker die Bedeutung der Familie ins Zentrum zu stellen.

Dokument «Ruch Rodzin Nazareta?skich i jego problemy» der Warschauer Erzbischöflichen Kurie vom 29. Januar 2009; www.ekai.p,l 21. Februar; Gazeta Wyborcza, 24. Februar 2009 - R.C.

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