Ukraine: Änderungen am Gesetz über Gewissensfreiheit und religiöse Organisationen
Eine Neufassung ist deshalb nötig geworden, weil Präsident Janukovytsch im Dezember 2010 die Auflösung des «Staatskomitees für Nationalitätenfragen und Fragen der Religion» beschlossen und dessen Kompetenzen auf das Kultur- und Justizministerium verteilt hat. Das bisherige Gesetz sieht jedoch ein eigenständiges Organ für religiöse Organisationen vor (s. G2W 2/2011, S. 9). Die Änderungen betreffen vor allem Neuerungen bei der Registrierung religiöser Organisationen und in den Beziehungen zwischen dem Staat und den Kirchen.
Die Auflösung des Staatskomitees und die kurze Frist zur Erarbeitung der Neufassung des Gesetzes (ursprünglich sollte die Überarbeitung bis zum 1. Februar abgeschlossen sein) haben den Protest des All-Ukrainischen Rates der Kirchen und religiösen Organisationen hervorgerufen. Sowohl Vertreter von religiösen Organisationen als auch zahlreiche Politiker befürchten eine staatliche Privilegierung der Ukrainischen Orthodoxen Kirche / Moskauer Patriarchat (UOK-MP).
Als Vorlage der Neufassung dient vermutlich eine vom «Staatskomitee für Nationalitätenfragen und Fragen der Religion» erarbeitete Fassung vom November 2010, wobei zusätzliche Änderungen zu erwarten sind. Die größten geplanten Änderungen betreffen die Prozedur, durch die religiöse Organisationen den Status einer juristischen Person erlangen können, sowie eine Überarbeitung der Liste von Gründen, die ein gerichtliches Verbot von religiösen Organisationen rechtfertigen. Damit soll das «Gesetz über Gewissensfreiheit und religiöse Organisationen» an das «Gesetz über die staatliche Registrierung juristischer Personen und physischer Personen als Unternehmer » angeglichen werden.
Die meisten Mitglieder des All-Ukrainischen Rates der Kirchen und religiösen Organisationen, darunter auch die UOK-MP, haben im Februar das Kultur- und das Justizministerium gebeten, das Projekt zur Neufassung des «Gesetzes über Gewissensfreiheit und religiöse Organisationen» im Rahmen öffentlicher Konsultationen zu erörtern. Patriarch Kirill hat die ukrainische Regierung dazu aufgerufen, die Gesetzesänderungen im engen Dialog mit den traditionellen religiösen Gemeinschaften der Ukraine, in erster Linie mit Vertretern der UOK-MP, zu erarbeiten. Der Patriarch regte an, auch die rechtlichen Bedingungen zur Einrichtung von kirchlichen Bildungsinstitutionen im Gesetz festzuhalten.
Am 17. Februar hat im Kulturministerium eine Beratung mit dem All-Ukrainischen Rat der Kirchen und religiösen Organisationen stattgefunden. Daraufhin versicherte der Vorsitzende der staatlichen Registrierungsbehörde, Leonid Efimenko, dass sich an der Registrierungsordnung religiöser Organisationen und an der Prozedur zur Erlangung des Status einer juristischen Person nichts ändern werde.
Im ukrainischen Parlament sind für das erste Halbjahr 2011 mehr als zehn Beratungen über Gesetzesprojekte geplant, welche die Rechte von religiösen Organisationen betreffen. Am 1. März hat das Parlament beschlossen, dass juristische Personen und unternehmerische Tätigkeiten weiterhin ohne Angabe der religiösen Zugehörigkeit gegründet dürfen.
Am 28. Februar ist vom «Staatskomitee für Nationalitätenfragen und Fragen der Religion» die neueste offizielle Statistik zu religiösen Organisationen vorgelegt worden: Demnach gab es in der Ukraine zu Beginn des Jahres 2011 35 861 religiöse Organisationen – das sind 677 mehr als im Vorjahr. 51,2% der Ukrainer sind orthodoxen Glaubens (davon gehören 67,4% zur UOK-MP, 24,6% zur UOK-KP und 8% zur Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche). Die zweitgrößte Kirchenfamilie stellt der Protestantismus (29%) dar, innerhalb dessen die Evangeliumschristen- Baptisten, die Pfingstgemeinden und die Adventisten am stärksten vertreten sind. 10% der religiösen Organisationen sind griechisch-katholisch, 3% römisch-katholisch. Die Ukraine zählt zurzeit 303 jüdische und 1208 muslimische Organisationen.
www.irs.in.ua, 19. Januar, 2., 3., 7. 18. Februar, 1., 15. März; www.portal-credo.ru, 17. Januar, 9. Februar – R.Z.