Ukraine: Enttäuschende Besucherzahlen an Patriarch Kirills Liturgiefeier in Charkiv
Während Bürgermeister Michail Dobkin im Vorfeld des Gottesdienstes von 30 000 bis 70 000 Besuchern ausgegangen war, und die Website des Moskauer Patriarchats nach der Feier von 40 000 Besuchern sprach, ist anzunehmen, dass tatsächlich lediglich zwischen 2000 bis 4000 Gläubige an der Feier teilgenommen haben. Mit fast 12 Hektar ist der Freiheitsplatz fünfmal größer als der Rote Platz in Moskau. Im Vorfeld wurde auch die Frage diskutiert, ob die 20 Meter hohe Lenin-Statue, die auf dem Platz steht, zu verhüllen sei – darauf wurde letztlich verzichtet.
Das Oberhaupt der Russischen Orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill, hatte die Eparchie von Charkiv und Bohoduchiv vom 6. bis 8. Mai besucht.Der geplante Großanlass wurde terminlich an die Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 geknüpft. An diesem Sonntag waren alle anderen Kirchen der Ukrainischen Orthodoxen Kirche/Moskauer Patriarchat (UOK-MP) in Charkiv geschlossen, und die Gläubigen wurden aufgefordert, die Liturgiefeier von Patriarch Kirill auf dem Freiheitsplatz zu besuchen. Konzelebranten waren Metropolit Ilarion (Alfejev), Vorsitzender des Kirchlichen Außenamts des Moskauer Patriarchats, Metropolit Nikodim (Rusnak) von Charkiv und Bohoduchiv, sowie fünf weitere Metropoliten der UOK-MP. Neben hochrangigen Vertretern der Charkiver Regierung nahmen auch der ukrainische Vize-Premierminister Viktor Tichonov und der Botschafter der Russländischen Föderation in der Ukraine, Michail Zurabov an der Liturgie teil. Ebenfalls mit Nachdruck zum Besuch der Feier aufgefordert worden waren die Angestellten der Verwaltung und der vom Staat finanzierten Organisationen in Charkiv. Die für die Veranstalter trotz allem enttäuschende Besucherzahl erklärte Vikarerzbischof Onufrij (Legkij) mit dem regnerischen Wetter.
Für einigen Wirbel sorgten mit Photoshop bearbeitete Bilder der Liturgie, die am 9. Mai auf der Website der «Gesellschaft der orthodoxen Fotografen der Ukraine» auftauchten: Auf diesen Bildern wurde die Teilnehmerzahl im Gegensatz zu den Bildern von Charkiver Medien verdoppelt. Auf Anfrage der russischen Agentur «Interfax-Religija» wies ein Vertreter der Charkiver Eparchie der UOK-MP diesen Vorwurf jedoch zurück und verdächtigte stattdessen gewisse Kreise eher der Verkleinerung der Besucherzahl. Am 20. Mai bestätigte und bedauerte allerdings die Bildredakteurin gegenüber einem Korrespondenten des Internetforums «Religion in der Ukraine» die Bearbeitung: Sie habe die geringe Besucherzahl einzig aus «ästhetischen Gründen» korrigiert.
Auf der offiziellen Website des Moskauer Patriarchats wurde die anfänglich behauptete Teilnehmerzahl von 40 000 nicht mit Bildern belegt. Inzwischen fehlt dort auch eine Angabe zur Teilnehmerzahl. Ein ukrainischer Kommentator meinte dazu: «Wenn man die Anzahl Charkiver, die den Segen Kirills zu erhalten wünschten, mit der Anzahl Menschen vergleicht, die den römisch-katholischen Papst im Jahr 2001 in der Ukraine sehen wollten, und dies nicht etwa im griechisch-katholischen Lviv, wo diverse Anlässe mit der Teilnahme von Papst Johannes Paul II. fast 700 000 Menschen versammelt haben (bei Regen übrigens), sondern im orthodoxen Kiew, dann fällt dieser Vergleich nicht zugunsten von Patriarch Kirill aus.»
www.portal-credo.ru, 6., 9., 10., 12., 17. Mai; www.religion.in.ua, 20. Mai 2011 – R.Z.