Ukraine: Geistlicher tritt als Direktor des Museums von Chersones zurück
Nach Protesten von Mitarbeitern und Museumsexperten ist Erzpriester Sergij (Chaljuta), Prior des Sewastopoler Kreises der Eparchie von Simferopol, als Direktor des Nationalparks „Taurischer Chersones“ zurückgetreten. Der Vorsteher der St. Vladimir Kathedrale auf dem archäologischen Gelände war am 29. Juli vom Gouverneur von Sewastopol, Sergej Menjajlo, auf diesen Posten berufen worden. Gouverneur Menjajlo hatte die Ernennung von Erzpriester Sergij zum Museumsdirektor mit der Notwendigkeit begründet, die religiöse Bedeutung der Stätte zu entwickeln.
Mit der Auffassung, das Museum solle nicht nur ein Museum, sondern auch ein Ort der Verehrung und Wallfahrt sein, griff Menjajlo eine Aussage Putins vom letzten Dezember auf. In seiner jährlichen Ansprache hatte der russische Präsident die Krim als Wiege Russlands bezeichnet und ihr eine sakrale Bedeutung für sein Land zugesprochen, die mit derjenigen des Tempelbergs für die Juden vergleichbar sei. Er bezog sich dabei auf die Legende, wonach Fürst Vladimir, der „Täufer der Rus“ (s. RGOW 8/2015, S.3), in Chersones getauft worden sei.
Die antike Stadt Chersones liegt am Südufer der Krim, in unmittelbarer Nähe von Sewastopol. Seit 2013 gehört die Anlage zum UNESCO-Weltkulturerbe. Im 5. Jahrhundert v.Chr. von Griechen gegründet, war sie später ein byzantinischer Außenposten und ein frühes Zentrum des Christentums. Das Museum des Areals zeigt griechische, römische und byzantinische Artefakte und ist ein wichtiges Forschungszentrum für Historiker, Archäologen und Numismatiker.
Auf die Ernennung von Erzpriester Sergij zum Direktor reagierten die Mitarbeiter des Museums mit einer öffentlichen Resolution an das russische Kulturministerium. Sie zweifelten die Kompetenz des Geistlichen in Bezug auf die Museumsarbeit an und kündigten ihre Weigerung an, unter seiner Leitung zu arbeiten. Zudem kritisierten zahlreiche Museumsexperten in Russland den Entscheid, auch die Russische Orthodoxe Kirche distanzierte sich von der Entscheidung der Sewastopoler Behörden. Kurz darauf trat Erzpriester Sergij freiwillig von seinem Posten zurück. Das Kulturministerium zieht nun zwei ehemalige Direktoren als Leiter in Betracht, vorübergehend übernimmt eine Mitarbeiterin des Museums den Posten.
Anfang August wurden die Denkmäler und das Gelände von Chersones auf die staatliche Liste des Kulturerbes der Völker der Russischen Föderation gesetzt. Damit untersteht die Stätte der Verantwortung des russischen Kulturministeriums und wird der lokalen Verwaltung von Sewastopol entzogen. Dagegen protestierte das ukrainische Innenministerium – es fasst dies als Versuch Russlands auf, sich ukrainisches Kulturerbe einzuverleiben.
www.risu.org.ua, 4. August;
www.portal-credo.ru, 4., 6. August; www.interfax-religion.ru,
6. August 2015
– N.Z.