Ukraine: Gescheitertes Memorandum zur Kirchenvereinigung
Im westukrainischen Rivne hat Mitte November 2014 ein Memorandum von lokalen Kirchenführern für Aufsehen gesorgt, das zu einer Schaffung einer einzigen orthodoxen Kirche in der Ukraine aufrief.
Zu den Unterzeichnern des Memorandums zählten zwei Metropoliten der Ukrainischen Orthodoxen Kirche–Moskauer Patriarchat (UOK–MP)aus der Region sowie je ein örtlicher Metropolit der Ukrainischen Orthodoxen Kirche–Kiewer Patriarchat und der Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche; zudem unterzeichnete ein Priester des griechischen-katholischen Exarchats von Luzk, zu dem Rivne gehört, das Dokument. Initiiert wurde das Memorandum jedoch von zwei ranghohen Kommunalpolitikern.
Die Unterzeichnung des Memorandums erfolgte vor dem Hintergrund, dass sich in der Region etwa ein Dutzend Gemeinden von der UOK–MP getrennt und dem Kiewer Patriarchat unterstellt hatten. Die Gläubigen hatten zuvor vergeblich eine klare Haltung ihrer Kirche gegen die Separatisten in der Ostukraine gewünscht. Mit dem Memorandum wollten die moskautreuen Metropoliten sich von Kremlchef Vladimir Putin distanzieren, um Kritikern Wind aus den Segeln zu nehmen. Sergii Bortnyk vom Kirchlichen Außenamt der UOK–MP erklärte gegenüber der katholischen Nachrichtenagentur KNA: „Das Hauptziel beider Bischöfe war, weitere Konfessionswechsel zu verhindern.“ Dieses Ziel sei aber nicht erreicht worden, weil weitere Pfarreien zu Übertritten gezwungen worden seien. So teilte das Kiewer Patriarchat am 7. Dezember mit, dass sich mittlerweile mehr als 30 Gemeinden in der Region dem Kiewer Patriarchat unterstellt hätten.
Der Leiter der Informationsabteilung der UOK–MP, Bischof Kliment (Večerja) von Irfin, erklärte, dass seine Kirche zwar jeden Versuch zur Sicherung des Friedens zwischen den Religionen und zur Stabilisierung der Gesellschaft begrüße, doch spalte das Kiewer Patriarchat die ukrainische Gesellschaft mit unverhohlener Aggressivität und suche Kapital aus der schwierigen politischen Lage und dem Leid der Menschen zu schlagen. Vladimir Legojda, der Leiter der Informationsabteilung des Moskauer Patriarchats, kritisierte das Memorandum ebenfalls: Es sei „stärkster politischer Druck“ auf die Konfessionen ausgeübt worden. Er bezeichnete es als „kanonischen Unsinn“ und absurd, dass sich die Griechisch-Katholische Kirche an einem Papier zur Orthodoxie beteilige.
Eine Woche nach der Unterzeichnung zogen die beiden moskautreuen Metropoliten sowie der griechisch-katholische Priester ihre Unterschriften zurück. Der Sekretär der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Bischofskonferenz, Weihbischof Bogdan Dziurach, sagte der KNA, der Priester sei nicht befugt gewesen, den Text ohne die Erlaubnis seines Bischofs zu unterzeichnen. Die Rolle der Kommunalpolitiker sei „sehr fragwürdig und zweifelhaft“, man könne ihnen „Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Kirchen“ vorwerfen. Wenn die Politik „Katalysator“ des Vereinigungsprozesses der Kirchen sein wolle, „dann überschreitet sie ihre eigenen Kompetenzen und schadet den Kirchen mehr als ihnen zu nutzen. Der einzige Katalysator der Einheit der Kirche ist und soll nur der Heilige Geist bleiben.“
www.portal-credo.ru, 14., 17. November, 8. Dezember.; www.risu.org.ua/ru, 17. November; KNA-ÖKI, 14. November 2014 – O. S.