Ukraine: Konflikte um den Bau einer katholischen Kirche in Kiew
Im Kiewer Stadtteil Obolon haben Unbekannte am 16. April während eines Gottesdienstes auf dem Baugelände der künftigen katholischen St. Franziskus-Kirche auf die Gemeinde geschossen und dabei zwei Franziskanerinnen verletzt.
An einem Gottesdienst am darauffolgenden Tag kam es wiederum zu Konflikten zwischen Gemeindeangehörigen und Gegnern des Kirchenbaus; letztere fingen an, die Betenden zu beschimpfen und versuchten, den Bauzaun einzureißen. Den wenigen Sicherheitsbeamten vor Ort gelang es nicht, der Menge Einhalt zu gebieten. In sozialen Netzwerken wurde angekündigt, das sei „erst der Anfang“.
Das katholische Media-Zentrum in Kiew erklärte, die Lage um den Bau der Kirche werde immer angespannter und die Gemeinde sähe sich wachsender Aggression seitens der Bewohner aus den umliegenden Häusern ausgesetzt. 2004 hatten die Behörden der katholischen Gemeinde das Grundstück in Obolon, einem beliebten Wohnquartier im Norden von Kiew, für den Bau der St. Franziskus-Kirche zur Verfügung gestellt und ihr 2010 ein zeitlich unbefristetes Nutzungsrecht für das Gelände überschrieben. Gegenwärtig treffen sich die rund 1000 Katholiken von Obolon zu den Gottesdiensten in einer kleinen Kapelle, die bei weitem nicht alle Gläubigen fassen kann; die nächste katholische Kirche ist etwa 10km entfernt. Die Bewohner der umliegenden Häuser protestieren seit Jahren gegen den Kirchenbau; immer wieder gelang es den Nachbarn, die Bauarbeiten hinauszuzögern, das letzte Mal im Juli 2011, als sie den Zaun um das Baugelände niederrissen und ein dort stehendes Kreuz schändeten. Die katholische Gemeinde ist überzeugt, dass hinter den Aggressionen zwielichtige Geschäftsleute stehen, die anstelle der Kirche ein Shoppingcenter errichten wollen.
Der Leiter des Kirchlichen Außenamtes der Ukrainischen Orthodoxen Kirche – Moskauer Patriarchat, Metropolit Mitrofan (Jurčuk) von Lugansk und Alčevsk, kritisierte die gewalttätigen Auseinandersetzungen: „Unter gar keinen Umständen ist die Anwendung von Gewalt und erst recht von Waffengewalt als Argumentationsmittel erlaubt, solches zeugt nur von der Schwäche des Standpunktes und dem Fehlen zivilisierter, würdiger Argumente. Meinungsverschiedenheiten können und müssen ausschließlich auf friedlichem Weg gelöst werden […]. Auf Unbewaffnete zu schießen ist unmoralisch. Ich möchte den Nonnen der katholischen Gemeinde, die verletzt wurden, mein Mitgefühl aussprechen. Wir hoffen, dass die Konfliktparteien über genügend Weisheit und Willen verfügen, die Kontroverse auf friedlichem Weg und im Geist christlicher Liebe zu lösen.“
Am 18. April hat jedoch die Kiewer Staatsanwaltschaft den Kirchenbau vorläufig eingestellt und die Miliz beauftragt, für die Einhaltung der öffentlichen Ruhe zu sorgen.
www.risu.org.us, 17. April; www.portal-credo.ru, 17., 19. April; www.pravmir.ru, 18. April 2013 – O. S.