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Ukraine: Patriarch Filaret bezichtigt Patriarch Kirill der Lüge

22. Oktober 2014
Das Oberhaupt der Ukrainischen Orthodoxen Kirche–Kiewer Patriarchat, Patriarchat Filaret, hat in einem Schreiben an den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios den Brief von Patriarch Kirill an die Oberhäupter aller orthodoxer Landeskirchen scharf kritisiert (s. vorangegangene Meldung) und sämtliche Behauptungen, dass in der Ukraine ein Religionskrieg stattfinde, zurückgewiesen. Vielmehr bezichtigte er Patriarch Kirill selbst der „Lüge“ und warf ihm vor, durch seine Erklärungen die russische Aggression in der Ukraine zu unterstützen.

In dem Brief heißt es unter anderem: „Grundsätzlich sei gesagt, dass in der Ukraine kein Bürgerkrieg und erst recht kein Religionskrieg stattfindet, wie es die russische Propaganda […] und Patriarch Kirill […] insinuieren. Der Volksaufstand gegen die Diktatur des früheren Präsidenten Janukovytsch, zu Recht Revolution der Würde genannt, wurde im November 2013 durch dessen unerhörte Unredlichkeit ausgelöst. […] Der letzte Tropfen, der das Fass […] zum Überlaufen brachte, war die Weigerung […], das EU-Assoziierungsabkommen zu unterzeichnen. […] Das Volk, vor allem die Jugend, begriff, dass man es um die Zukunft betrogen hatte, und ging auf die Straße, um friedlich zu demonstrieren. Dieser Protest wurde in rechtswidriger Weise aufgelöst, die Teilnehmer verprügelt. […] Als schließlich auf die friedlichen Demonstranten geschossen wurde und mehr als 100 Menschen starben, zwang ein Volksaufstand Janukovytsch zur Flucht. Die ukrainischen Kirchen und Religionsgemeinschaften engagierten sich mit aller Kraft, damit der friedliche Charakter des Protests gewahrt blieb […]. Es gibt nicht einen glaubwürdigen Beweis, dass die Teilnehmer des friedlichen Protests auf dem Majdan gegen die Ukrainische Orthodoxe Kirche–Moskauer Patriarchat (UOK-MP) gehetzt, oder dass diejenigen, die Patriarch Kirill in seinem Brief als ‚Unierte und Schismatiker‘ bezeichnet, das Volk zum Kampf gegen die UOK–MP aufgewiegelt hätten. Diese Behauptungen von Patriarch Kirill sind eine Lüge. […]

Zum ersten Mal seit der Nazi-Herrschaft sahen wir uns mit einer an Zynismus und Lüge nicht zu überbietenden massiven anti-ukrainischen Propaganda konfrontiert. […] Als Teil und Frucht dieser Propaganda ist auch der Brief von Patriarch Kirill an Sie zu sehen, in welchem er das Geschehen im Donbass als Bürgerkrieg und religiösen Aufruhr schildert, der in Wirklichkeit die Folge der bewaffneten Aggression Russlands gegen die Ukraine ist. Die Führer der sog. Volksrepubliken, Söldner, Waffen, Finanzierung und Unterstützung durch die Medien – all das strömt aus Russland über den von ihm eroberten kleinen Grenzabschnitt ein. Nirgendwo sonst in der Ukraine gibt es bewaffnete Auseinandersetzungen oder andere Formen von Aufruhr, die für Bürger- oder Religionskriege typisch wären – außer dort, wo russische Söldner sind. […]

Patriarch Kirill […] zählt falsche Dinge auf und interpretiert richtige falsch, schweigt aber zu den systematischen Verfolgungen, Entführung, Folter und Mord der russischen Söldner und Separatisten an Vertretern aller Religionsgemeinschaften. […] Zu den Terror-Gruppen zählt die sog. Russische orthodoxe Armee, deren kriminelle Machenschaften die Kirchenleitung der Russischen Orthodoxen Kirche nicht etwa verurteilt, sondern die manche ihrer Priester unterstützen und offiziell segnen. In dem Schriftstück ‚Verfassung der Volksrepublik Donbass‘ heißt es, nur die russische Orthodoxie verfüge in der sog. Volksrepublik über besondere Rechte und einen besonderen Status.“

www.portal.credo.ru, 3. September 2014 – O. S.

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