Ukraine: Präsident Janukovytsch geht auf Religionsgemeinschaften zu
Dem Präsident ist im Verlauf des vergangenen Jahres mehrfach vorgeworfen worden, nur mit der Ukrainischen Orthodoxen Kirche / Moskauer Patriarchat Kontakte zu pflegen, was zu beträchtlichen Spannungen geführt hatte.
Laut Oleksandr Zajec, dem Vorsitzenden des Instituts für Religionsfreiheit in der Ukraine, hat das Treffen zu einem Abbau der Spannungen beigetragen: Präsident Janukovytsch habe das hohe Niveau der Zusammenarbeit zwischen den Religionsgemeinschaften in der Ukraine, insbesondere im Rahmen des All-Ukrainischen Rates der Kirchen und religiösen Organisationen gewürdigt. Zudem begrüßte er die aktive Teilnahme des Rates bei der Entwicklung der neuen Gesetze über die «Freiheit des Gewissens und religiöser Organisationen » sowie über die «Rückgabe von religiösem Eigentum an religiöse Organisationen». Die Beziehungen zwischen den staatlichen Behörden und den religiösen Organisationen müssten insbesondere im Bereich der Erziehung, der Arbeitsbeziehungen und der Militärseelsorge weiter entwickelt werden. Die Aufgabe der Religionsgemeinschaften sei es vor allem, immoralischem Verhalten, Extremismus und anderen negativen Erscheinungen entgegenzutreten – dies insbesondere durch Fernsehsendungen.
Präsident Janukovytsch sprach sich laut Zajec außerdem für eine Förderung der Wohltätigkeitsarbeit der Religionsgemeinschaften aus; geprüft werden sollten auch Tarifsenkungen für religiöse Organisationen bei Mietund Betriebskosten. Zudem kündigte Janukovytsch die Ausarbeitung einer Direktive an, in der das Vorgehen und die Häufigkeit der künftigen Zusammenarbeit in gegenseitigem Einverständnis geregelt werden sollten.
Damit ging Janukovytsch auf die meisten Punkte ein, die der All-Ukrainische Rat zuvor in einem an den Präsidenten gerichteten Schreiben formuliert hatte: Kirche-Staat-Verhältnis, Schutz der öffentlichen Moral, Stärkung der Religionsfreiheit in der Verfassung und soziale Herausforderungen: Besonders betont hat der Rat das Anliegen,die Bürger angesichts der wachsenden Reichtümer des «Big Business» zu schützen.
Laut Zajec scheinen der Präsident und die Religionsgemeinschaften eine ähnliche Vision bezüglich der Kirche-Staat- Beziehungen und dem Schutz der öffentlichen Moral zu teilen. Differenzen bestehen aber noch in konkreten Fragen: Der All-Ukrainische Rat möchte vorerst keine Änderungen am Gesetz über Religionsfreiheit vornehmen und vor allem an der «Nationalen Expertenkommission der Ukraine zum Schutz der Öffentlichen Moral» festhalten, die der Präsident am 9. Dezember 2010 aufgehoben hatte. Differenzen bestehen auch bezüglich der Art und Weise der Restitution des Kircheneigentums. Dennoch lässt das laut Zajec konstruktive Treffen hoffen, dass das Verhältnis zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften einen neuen Impetus erhalten hat.
Risu.org.ua, 22., 29. April, 6. Juni 2011 – R.Z.