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Ukraine: Religionsgemeinschaften kritisieren Änderungen im Religionsgesetz

10. Januar 2013
Vertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Ukraine haben die vom Parlament beschlossenen Änderungen im «Gesetz über Gewissensfreiheit und religiöse Organisationen» scharf kritisiert.

An einem Treffen am 28. November sprachen sie von «einer tiefgreifenden Krise im gegenseitigen Verständnis zwischen den Staatsbehörden und der Gesellschaft». Trotz Proteste der Kirchen und Religionsgemeinschaften hat Präsident Viktor Janukovytsch das neue Gesetz unterzeichnet.

Das Oberhaupt der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche, Großerzbischof Svjatoslav Schevtschuk von Kiew, bemängelte, dass das Gesetz die staatlichee Kontrolle über die Kirchen verstärke und die Religionsfreiheit beschneide. Der römisch-katholische Erzbischof von Kiew, Petro Malchuk, mahnte, Janukovytsch solle die Kirchenvertreter nicht nur anhören, sondern müsse deren Anliegen auch in der politischen Arbeit berücksichtigen. Auch Vertreter der orthodoxen Kirche, mit Ausnahme der Ukrainischen Orthdoxen Kirche - Moskauer Patriarchat, übten massive Kritik an der Regierung.

Das neue Gesetz erschwert religiösen Organisationen den Zugang zum Status einer juristischen Person, indem zwei untereinander nicht abgestimmte Registrationsprozeduren eingeführt werden - die Registrierung der Statuten und die staatliche Registrierung. Zudem wird die Prozedur zur Erlangung eines Visums zum Aufenthalt ausländischer religiöser Akteure in der Ukraine verschärft. Das Recht auf Organisation friedlicher Versammlungen bleibt für religiöse Organisationen gegenüber anderen gesellschaftlichen Organisationen eingeschränkt, was Art. 39 der Ukrainischen Verfassung widerspricht.

Der Allukrainische Rat der Kirchen und religiöser Organisationen (VSCiRO) hatte Präsident Janukovytsch am 17. Oktober aufgefordert, die vom Parlament am 16. Oktober beschlossenen Gesetzesänderungen mit seinem Veto zu verhindern: "Wir halten die Ausarbeitung des Gesetzesprojektes Nr. 10221 durch das Justizministerium und dessen Annahme durch das Parlament für Schritte zur Destabilisierung der religiösen Situation in der Gesellschaft, zur Verschlechterung des Niveaus der Glaubensfreiheit in der Ukraine und zur Schaffung wesentlicher Hindernisse für den geistlichen und sozialen Dienst der Kirchen und religiöser Organisationen.» Das Veto sei notwendig, weil die Positionen der religiösen Vereinigungen und die Vereinbarungen des VSCiRO mit dem Autor des Gesetzesprojektes, dem Ständigen Vertreter des Präsidenten im Parlament, Jurij Miroschnitschenko, vom Justizministerium völlig ignoriert worden seien. Der Präsident wurde an sein Versprechen vom 21. April 2011 erinnert, dass die Gesetzgebung zur Gewissensfreiheit nur mit der konsensbasierten Unterstützung der Glaubensgemeinschaften geändert werde (s. G2W 4/2011, S. 11)Nun sei das Gesetz aber ohne Erörterund und Berücksichtigung der Änderungen, die vom VSCiRO für die zweite Lesung vorgeschlagen worden waren, angenommen worden.

Am 30. Oktober veröffentlichten auch Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen und Wissenschaftler einen offenen Brief an Präsident Janukovytsch mit der Forderung, von seinem Vetorecht gegen das Gesetz Gebrauch zu machen und es zur weiteren Ausarbeitung an das Parlament zurückzugeben. Zu den Unterzeichnenden zählen u. a. Vertreter des Ukrainischen Helsinki-Bundes für Menschenrechte, des Instituts für Religionsfreiheit und der Ukrainischen Vereinigung der Religionswissenschaftler.

www.risu.org.ua, 16., 17., 26., 30. Oktober, 29. November, 6., 11., 14. Dezember; KNA-ÖKI, 3. Dezember 2012 – R.Z.

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