Ungarn: Kirchliche Unterstützung für Flüchtlinge
Die ungarische Ordensoberen-Konferenz hat sich dem Aufruf des Papstes zu großzügigerer Hilfe und zur Aufnahme von Flüchtlingen angeschlossen. Anlässlich ihrer Herbstvollversammlung Ende September kritisierten sie auch den ungarischen Grenzzaun zu Serbien. Während der Beratungen hatten die Ordensoberen dem Flüchtlingsthema viel Platz eingeräumt – konkret unterstützt die Ordenskonferenz die Aktivitäten der ungarischen Caritas mit Geldspenden.
Damit unterscheidet sich die Position der Ordensoberen deutlich von derjenigen der ungarischen Bischöfe. Diese hatten in der Abschlusserklärung zu ihrer Herbstvollversammlung Anfang September das Flüchtlingsthema nicht erwähnt. Der ungarische Primas, Kardinal Péter Erdő, hatte lediglich erklärt, die Kirche helfe „diskret“ überall da, wo Hilfe nötig sei. Aufgrund rechtlicher Barrieren könne sie aber keine Unterkünfte für Flüchtlinge bereitstellen. Kurz darauf hatten Aussagen des Szegeder Bischofs László Kiss-Rigó für Kritik gesorgt. Er hatte die Flüchtlinge als „Invasion“ bezeichnet. Europa werde von Menschen „überschwemmt“, die eine „Gefahr für die universalen christlichen Werte des Kontinents bedeuten“. Dem Papst hatte er Unkenntnis der Lage vorgeworfen, während er die Politik von Ministerpräsident Viktor Orbán voll unterstütze. Zuletzt kündigte aber auch Kardinal Erdő an, dem Aufruf des Papstes nachkommen zu wollen und kirchliche Einrichtungen für Flüchtlinge zu öffnen.
Die zögerliche Haltung der Kirche war bereits früher auf innerkirchliche Kritik gestoßen. So sagte Bischof Miklós Beer aus dem nordungarischen Vác, er schäme sich für das Schweigen der ungarischen Kirche zum Grenzzaun. Der Regierung warf er vor, „schlecht kommuniziert“ zu haben und mit fragwürdigen Plakatkampagnen gezielt Ängste zu schüren.
In Ungarn sind andererseits zahlreiche kirchliche Organisationen in der Flüchtlingshilfe aktiv. Die ungarische Caritas unterhält in Körmend, nahe der österreichischen Grenze, und in Röszke an der serbischen Grenze Versorgungspunkte. Verpflegung, Medikamente, Hygieneartikel, Kleider und Decken sowie mobile Sanitäranlagen und medizinische Erstversorgung werden bereitgestellt. Die Projekte gelten als vorbildlich in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen Gemeinde, Caritas und Zivilgesellschaft. In der Nähe von Röszke bietet auch der ungarische Malteser Hilfsdienst medizinische Hilfe an, bei Bedarf organisiert er Transporte ins Krankenhaus von Szeged. Am Budapester Westbahnhof verteilt das Hilfswerk der Baptisten Lebensmittel, Kleider und Schuhe. Eine andere Form von Unterstützung leisten österreichische und ungarische Benediktiner mit einem Wanderweg von der serbisch-ungarischen bis zur österreichisch-deutschen Grenze. Unterwegs dienen Abteien, Klöster und Kirchen als Herbergen. Schon zuvor hatte sich die ungarische Benediktinerabtei Pannonhalma über staatliche Verbote hinweggesetzt und Flüchtlinge bei sich aufgenommen.
www.osce.org, 17. September;
www.risu.org.ua, 18. September;
KNA-ÖKI, 21. September 2015 – N. Z.