Weissrussland: Katholischem Priester droht langjährige Haftstrafe wegen angeblicher Spionage
Die Weißrussische Bischofskonferenz hat am 13. September bekanntgegeben, dass dem Gemeindepriester Vladislav Lazar, der Ende Mai ohne Angaben von Gründen verhaftet worden war, eine langjährige Haftstrafe wegen Landesverrats droht.
Der katholische Geistliche wird beschuldigt, einer wegen Spionage angeklagten Person Geld und Wertgegenstände übergeben zu haben. Weiter teilten die Bischöfe mit, ihre Anfragen an die Behörden zu dem Fall seien erst nach langer Wartezeit beantwortet worden. Die Bischofskonferenz erklärte, Regierungsstellen hätten allerdings versichert, die Vorwürfe gegen den Priester hätten keinen Einfluss auf das „Klima des Vertrauens“ zwischen Minsk und dem Heiligen Stuhl. Der weißrussische KGB hatte den 46-jährigen Geistlichen, der seit Mitte April die Hl. Geist-Gemeinde in Borisov betreut, am 31. Mai verhaftet und ihn im Gefängnis des Geheimdienstes in Minsk inhaftiert. Seinen Angehörigen, die eine polizeiliche Suchanzeige aufgegeben hatten, wurde dies erst zwei Wochen später mitgeteilt, jede weitere Information jedoch verweigert. Anfang August erhielten sie die Erlaubnis zur Übergabe einiger persönlicher Gegenstände, jedoch keiner Bibel. Die Hl. Geist-Gemeinde richtete umgehend eine Petition an die Behörden um Freilassung ihres Geistlichen.
Am 26. Juli erklärte Präsident Lukaschenko gegenüber der weißrussischen Presseagentur Belta News, ein KGB-Offizier sei verhaftet worden: „Wir haben vor kurzem einen Verräter festgenommen, der über Vertreter der katholischen Kirche Kontakte zu ausländischen Staaten hatte. Er gab nicht nur Informationen weiter, sondern schadete mit seinen Informationen auch Menschen, die im Ausland leben. Von unserem Standpunkt bedeutet das Verrat.“ Genauere Angaben machte Lukaschenko keine.
Außer der katholischen Kirche engagiert sich auch die oppositionelle, staatlich nicht anerkannte Weißrussische Christdemokratische Partei für den inhaftierten Priester. In einer Petition der Partei vom 1. August heißt es: „Wir sind der Ansicht, die Verhaftung des Priesters ist ein Versuch, die katholische Kirche zu erpressen und die weißrussische Öffentlichkeit einzuschüchtern.“ Die Petition wurde bis zum 9. September von 5000 Personen unterzeichnet. An einer Solidaritätsaktion am 3. September in Minsk erklärte Vladimir Romanovskij, ehemaliger politischer Häftling und Leiter des weißrussischen Zweiges von „Memorial“, es sei ausgeschlossen, dass ein Geistlicher in einen Spionagefall verwickelt sein könne, das sei ein „klassischer Fall von Provokation“. Zahlreiche weißrussische Intellektuelle haben sich an den Leiter des KGBs mit der Bitte um Freilassung des Priesters gewandt.
Forum 18, 9. September; KNA, 13. September 2013 – O. S.