RGOW 2/2021: Neue Machtverhältnisse im Südkaukasus. Armenien und Aserbaidschan nach dem zweiten Karabach-Krieg
Nach dem Ende des ersten Karabach-Kriegs Anfang der 1990er Jahre galt die Situation in Berg-Karabach lange als „eingefrorener Konflikt“. Zwar warnten Beobachter wiederholt davor, dass der Konflikt jederzeit wieder ausbrechen könnte, gerade auch angesichts der Zwischenfälle und Scharmüzel entlang der Waffenstillstandslinie, zuletzt im Sommer 2020. Dennoch kam der Ausbruch des Krieges für Europa mehrheitlich überraschend, die Reaktionen waren verhalten, die Unterstützung für Armenien gering.
Mit massiver militärischer Unterstützung der Türkei startete Aserbaidschan eine Offensive und eroberte Teile von Berg-Karabach sowie umliegende aserbaidschanische Gebiete, die seit dem ersten Karabach-Krieg (1992–1994) unter armenischer Kontrolle gestanden hatten. Nach 44 Tagen musste Armenien in ein von Russland vermitteltes Waffenstillstandsabkommen einwilligen, um weitere menschliche Verluste und eine vollständige Eroberung von Berg-Karabach zu verhindern.