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Papst Franziskus zu Besuch in Genf anlässlich des 70. Geburtstags des ÖRK im Juni 2018 (Foto: Albin Hillert/WCC).

Der Ökumenische Rat der Kirchen und seine Geschichte

RGOW 06/2022
Hanne Lamparter

Nach dem Zweiten Weltkrieg bezeugte die Gründung des Ökumenischen Rates der Kirchen das gemeinsame Engagement der christlichen Kirchen für Versöhnung und Frieden. Die Öffnung für Missionskirchen und die orthodoxen Kirchen führte in den 1960er Jahren zu einer geographischen und konfessionellen Diversifizierung. Heute steht der Rat vor gewaltigen sozialpolitischen, ökologischen, moralischen und sexualethischen Herausforderungen, die ein gemeinsames weltweites Engagement erfordern.

Vom 31. August bis zum 8. September 2022 findet in Karlsruhe die elfte Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) erstmals in Deutschland statt. Bis zu 5 000 Gäste aus 352 Mitgliedskirchen werden erwartet, dazu zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Begegnungsprogramm sowie Tagesgäste. Die etwa alle acht Jahre stattfindende Vollversammlung ist ein wichtiges Ereignis für die Weltökumene. Hier wird die Arbeit der letzten Jahre evaluiert und ein Programm mit neuen Prioritäten für die Folgejahre konzipiert. Die Vollversammlungen des ÖRK sind daher oft Kristallisationspunkte, an denen sich die Themen der Zeit besonders gut erkennen lassen. Die Inhalte der ökumenischen Treffen waren einerseits konkret in ihrem jeweiligen zeitlichen und räumlichen Kontext wichtig, andererseits waren sie Meilensteine, die häufig auf Jahrzehnte hinaus die Ausrichtung bestimmten.[1]

Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg
Gegründet wurde der ÖRK 1948 nach einem jahrelangen Vorbereitungsprozess im kriegszerstörten Amsterdam. Der Zweite Weltkrieg hatte die Dringlichkeit eines solchen ökumenischen internationalen Gremiums klar vor Augen geführt. Seine Gründung war Teil eines allgemeinen Aufbruchs nach dem Krieg: Die Vereinten Nationen (1945), der Lutherische Weltbund (1947) und viele andere Organisationen entstanden in dieser Atmosphäre des Neuanfangs. 351 Delegierte aus 147 Kirchen kamen auf der ersten Vollversammlung des ÖRK zusammen und bekannten: „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.“ Stattdessen galt es, sich zusammen für Frieden und Versöhnung einzusetzen: „Wir haben den festen Willen beieinander zu bleiben“ wurde zu einem Schlagwort angesichts der vielen Herausforderungen des Wiederaufbaus, der Flüchtlinge und der auf sich geladenen Schuld. „Die Unordnung der Welt und Gottes Heilsplan“ lautete das Thema der Versammlung. Mit der Gründung des ÖRK hatten sich die Bewegung für Praktisches Christentum (Life and Work) und die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung (Faith and Order) zusammengeschlossen. Damit verbunden war die Erkenntnis, dass der Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit und die Arbeit an der sichtbaren Einheit der Kirche Hand in Hand gehen. Grundlegend für die ökumenische Arbeit war die Klarstellung, dass der ÖRK keine Kirche und keinesfalls eine Art „Überkirche“, sondern eine Gemeinschaft von Kirchen ist (vgl. das „Toronto-Statement“[2]).

Sechs Jahre nach der Amsterdamer Gründungsversammlung fand die zweite Vollversammlung des ÖRK 1954 im Nordosten der USA, in Evanston statt. War Amsterdam wesentlich von den kontinentaleuropäischen Kirchen geprägt gewesen, kamen nun auch vermehrt angelsächsische Kirchen hinzu. Die Delegierten mussten sich in einer Zeit verorten, in der die politischen Systeme in Ost und West aufeinanderprallten und der Kalte Krieg auf seinen Höhepunkt zusteuerte. Hart diskutiert wurde u. a. die Theologie des Social Gospel und damit verbunden eine Grundsatzfrage: Inwieweit sollte sich Kirche in Wirtschaft und Politik einmischen, um für eine soziale und gerechte Gesellschaft einzutreten? Eine ausgeprägte Endzeiterwartung und die Hoffnung auf das baldige Eingreifen Gottes trafen dabei auf einen enormen politischen Gestaltungswillen und ein starkes Verantwortungsgefühl für die Welt.

Ausweitung und Konsolidierung
Einen Richtungswechsel in vielfacher Hinsicht leitete die dritte Vollversammlung des ÖRK 1961 in Neu-Delhi ein. Zum einen war die Vollversammlung von einer geographischen wie konfessionellen Erweiterung geprägt: Der Zusammenschluss des ÖRK mit dem Internationalen Missionsrat (IMR) verlieh dem Bewusstsein Ausdruck, dass das Engagement für Einheit und Mission untrennbar ineinander verwoben sind, und dass sog. Missionskirchen aus aller Welt in die Arbeit einbezogen werden sollten. Die Fusionierung des ÖRK mit dem IMR beschleunigte die Loslösung von einem bis dahin stark vorherrschenden Eurozentrismus. Dem ÖRK traten 23 neue Kirchen bei, viele aus Afrika und Asien, darunter einige Pfingstkirchen. Die konfessionelle Zusammensetzung wurde somit vielfältiger. Die dritte Vollversammlung war ferner die erste außerhalb Europas oder der USA: Der multireligiöse indische Kontext und die Diaspora-Situation der Christinnen und Christen provozierten die Frage nach dem Absolutheitsanspruch des Christentums und nach Möglichkeiten des interreligiösen Dialogs und setzten so neue Akzente im ökumenischen Gespräch.

Einen großen Schritt bedeutete 1961 die Aufnahme der Russischen Orthodoxen Kirche in den ÖRK, die sich zuvor (Moskauer Konferenz 1948) noch sehr skeptisch gegenüber der Ökumenischen Bewegung geäußert hatte. Ebenfalls traten die orthodoxen Kirchen aus Bulgarien, Rumänien und Polen bei, weitere orthodoxe Kirchen folgten später (u. a. 1962 Georgische Orthodoxe Kirche, 1965 Serbische Orthodoxe Kirche, 1966 Orthodoxe Kirche der Tschechischen Länder und der Slowakei). Etliche Konferenzen und Publikationen befassten sich mit der Orthodoxie und ihrer Rolle in der Ökumenischen Bewegung. Bemerkbar machte sich dies in einer Verschiebung des Fokus von einer christozentrischen zu einer trinitarischen Beschreibung Gottes, so z. B. in der erweiterten Basisformel des ÖRK: „Der ÖRK ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die den Herrn Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

Auch die römisch-katholische Kirche öffnete sich in diesen Jahren mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil für die Ökumenische Bewegung und sandte seither Beobachter zu den Vollversammlungen des ÖRK; die Beziehungen zu dem im Juni 1960 von Papst Johannes XXIII. ins Leben gerufenen Päpstlichen Einheitsrat intensivierten sich. Die römisch-katholische Kirche ist auf eigenen Entschluss hin kein Mitglied im ÖRK, jedoch ist sie vollwertiges Mitglied in der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, die sich vorwiegend dem Thema der sichtbaren Einheit der Kirche widmet.

Goldenes Zeitalter?
Während für einige mit den späten 1960er Jahren das „goldene Zeitalter der Ökumene“ anbrach, taten sich andere mit der zunehmenden Politisierung des ÖRK schwer. Der ÖRK setzte den Einsatz für weltweite Gerechtigkeit und die Bekämpfung des südafrikanischen Apartheidregimes in den kommenden Jahren weit oben auf die Agenda. Die lateinamerikanische Befreiungstheologie übte hier einen großen Einfluss aus. Befreiung aus der Unterdrückung solle im Hier und Jetzt erfolgen und sich sozial und politisch im Engagement gegen Armut konkretisieren. Nicht-theologische Gesichtspunkte rückten vermehrt in den Fokus, denn auch „Rasse, Klasse, Bildungsstand, Macht“ behindern die Einheit der Christen und der Menschen im Allgemeinen.[3]

Auf der vierten Vollversammlung des ÖRK in Uppsala 1968 zum Thema „Siehe, ich mache alles neu“ war von einer „säkularen Katholizität“ die Rede: Das Ziel der Einheit der ganzen Menschheit trat zu dem der Einheit der Christen dazu. Der „Geist der 68er Jahre“ prägte diese turbulente Vollversammlung: Studentenunruhen, das Aufbegehren gegen kirchliche wie weltliche Autoritäten und politische Konflikte in Vietnam, der Tschechoslowakei, Nigeria und im Nahen Osten bestimmten weite Teile der Vollversammlung. Martin Luther King hätte die Eröffnungsrede halten sollen; seine Ermordung kurz zuvor heizte die Stimmung in Uppsala auf. Die meisten Gottesdienste wurden nach der Liturgie der schwedischen Lutheraner gefeiert und boten so einen Gegenpol zur Unruhe und der Proteststimmung. Manche kritisierten scharf, dass der ÖRK zu der schwierigen Situation der Christinnen und Christen in der damaligen Sowjetunion weitgehend schwieg.

1975 fand die erste Vollversammlung auf afrikanischem Boden statt: Die kenianische Hauptstadt Nairobi beherbergte die fünfte Vollversammlung unter dem Thema „Jesus Christus befreit und eint“. Die kirchliche Landschaft Kenias war vor allem durch unabhängige Kirchen und Pfingstkirchen geprägt. Zur Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz mit ihrem Sitz in Kenia, die 114 Mitgliedskirchen und Räte repräsentierte, gehörten nur etwa zehn Prozent der kenianischen Christinnen und Christen. Der ÖRK wurde von vielen Seiten kritisch angefragt: Umstritten war insbesondere der Sonderfonds, der für das Programm zur Bekämpfung des Rassismus eingesetzt wurde, mit dem diverse Befreiungsbewegungen finanziert wurden. Der ÖRK gebe somit auch indirekt Geld für militärische Zwecke aus. Mit der Gründung des Lausanner Komitees für Weltevangelisation (1974) fand eine andere Gegenbewegung einen konkreten Ausdruck: Hier ersehnte man eine Abkehr vom Konzept des sog. Säkularökumenismus und setzte sich für eine evangelistische Missionstätigkeit ein. Angesichts des 25-jährigen Jubiläums des ÖRK kam es auch zu einer orthodoxen Erklärung in Bezug auf die Mitarbeit im ÖRK: Erwünscht wurde ein verstärkt theologischer Fokus.[4]

Vielfalt und Einheit
Die sechste Vollversammlung des ÖKR im kanadischen Vancouver (1983) gilt als Geburtsstunde des Konziliaren Prozesses der gegenseitigen Verpflichtung für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Immer wieder kam auf der Vollversammlung zur Sprache, dass die vertikale nicht von der horizontalen Dimension des Glaubens getrennt werden dürfe. Das Thema der Schöpfungsbewahrung war neu hinzugetreten; man wurde sich der ökologischen Verantwortung zunehmend bewusst.

In Vancouver machten zudem die Vertreter der kanadischen autochthonen Bevölkerung auf ihre Situation aufmerksam. Überhaupt ist die Vollversammlung für ihre bunte liturgische Praxis und die Lieder aus verschiedenen Traditionen bekannt. Erstmals wurde auf einer Vollversammlung die Lima-Liturgie gefeiert: Der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung war es 1982 in Lima gelungen, eine Konvergenzerklärung zu den Themen Taufe, Eucharistie und Amt zu verabschieden. Die eucharistische Lima-Liturgie sucht das gemeinsame Verständnis liturgisch umzusetzen. Auf den Abendmahlgottesdienst reagierten die Anwesenden teils mit euphorischer Begeisterung, teils mit klarer Ablehnung. Insbesondere einige orthodoxe Christen fühlten sich in ihrer Ekklesiologie missverstanden.

Auch bei der siebten Vollversammlung des ÖRK im australischen Canberra (1991) zum Thema „Komm, Heiliger Geist und erneuere die ganze Schöpfung“ wurde Wert auf eine angemessene Repräsentation des „ganzen Volkes Gottes“ gelegt: Beinahe die Hälfte der Delegierten waren Laien, es gab zahlreiche Jugenddelegierte. Die Anzahl der Mitgliedskirchen hatte sich auf 317 erhöht und damit seit der Gründung des ÖRK fast verdoppelt. In Canberra brachten sich die Aborigines vielfach in das Vollversammlungsgeschehen ein. Dies warf jedoch bei einigen Fragen auf: Wie sehr kann und soll die jeweilige Kultur das Wesen des gelebten Glaubens bestimmen? Wo liegen Grenzen? Wo beginnt ein Synkretismus, der mit dem christlichen Glauben nicht mehr vereinbar ist?

Ein anderes Thema bereitete große Sorgen: Der erste Golfkrieg war drei Wochen vor der Vollversammlung ausgebrochen. Einige Delegierte sagten ihre Teilnahme ab. Unter den anwesenden Delegierten gab es große Divergenzen bezüglich der Einstellung zum Krieg und der Ausübung staatlicher Macht.

Rückblick und neue Wege
Die achte Vollversammlung, zugleich die des 50-jährigen Jubiläums, fand 1998 in Harare (Simbabwe) zum Thema „Kehrt um zu Gott – seid fröhlich in der Hoffnung“ statt. Zuvor hatten jedoch einige orthodoxe Kirchen große Bedenken angemeldet, und es war nicht absehbar, ob sie die Vollversammlung boykottieren würden. Dabei war in den vergangenen neun Jahren bereits über ein „Gemeinsames Verständnis und eine gemeinsame Vision des ÖRK“ beraten worden. Viele Orthodoxe wünschten sich vermehrt Arbeit an der sichtbaren Einheit der Kirche und erlebten den ÖRK als zu protestantisch, zu liberal und eingenommen von ethischen, politischen und sozialen Themen. Die Aufnahme vieler kleiner, meist protestantisch geprägter Gruppen brachte bei Abstimmungen Mehrheitsverhältnisse zu Ungunsten orthodoxer Kirchen mit sich. Daher wurde eine Umstellung von einem Mehrheits- auf ein Konsensverfahren gefordert. Die Einrichtung einer Sonderkommission zur orthodoxen Mitarbeit im ÖRK war eines der Resultate der Vollversammlung. Auch die gemeinsamen gottesdienstlichen Feiern sollten evaluiert werden, um in Zukunft für alle annehmbar zu sein.

Die neunte Vollversammlung fand 2006 in Porto Alegre statt und war die erste im traditionell katholisch geprägten Lateinamerika. Das Motto war als Gebet formuliert: „In deiner Gnade, Gott, verwandle die Welt“ – der spirituellen Dimension wurde eine hohe Priorität eingeräumt. Bei aller Freude über die Vielfalt waren die Spannungen zwischen den Teilnehmenden spürbar: Kirchen des „Ostens“ und des „Westens“ sowie Kirchen des „Nordens“ und des „Südens“ mit ihren unterschiedlichen Lebensbedingungen brachten unterschiedliche Themen ein. Die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung präsentierte einen Text zur kirchlichen Einheit: „Berufen, die eine Kirche zu sein. Eine Einladung an die Kirchen, ihre Verpflichtung zur Suche nach der Einheit zu erneuern und ihren Dialog zu vertiefen.“ Mit einem Fragekatalog wurden die Mitgliedskirchen aufgefordert, sich neu auf den Weg zu machen.

2013 kamen an der zehnten Vollversammlung im südkoreanischen Busan unter anderem Erklärungen zur Klimagerechtigkeit oder zu den Menschenrechten staatenloser Menschen zustande. Der ÖRK rief für die kommenden Jahre zu einem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens auf. Darüber hinaus wurde (nach Lima 1982) ein zweiter theologischer Konvergenztext der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung herausgegeben: „Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision“. Dieser Text wurde mit der Bitte um Stellungnahme an alle Mitgliedskirchen verschickt.

Aktuelle Herausforderungen der Weltchristenheit
Und nun? Der ÖRK steht von Anfang an für die Erkenntnis, dass das Engagement in der Welt und für die Welt, für eine gerechte Gesellschaftsordnung, für Frieden und die Erhaltung der Schöpfung fest zum christlichen Glauben dazugehören. Christinnen und Christen dürfen die Augen nicht verschließen, sondern sollen die Opfer und Verlierer auf dieser Erde in den Blick nehmen. Kontroverser wurde es jeweils bei der Umsetzung der übergeordneten Ziele. Doch bei allen Schwierigkeiten, die immer wieder auftreten, braucht es den ÖRK als Dialogforum, das Christinnen und Christen weltweit zusammenbringt.

Gerade auch im aktuellen Wandel der Weltchristenheit angesichts der Frage, inwieweit das Christentum überhaupt noch in den klassischen Konfessionen fassbar ist? Verlaufen die Allianzen nicht vielmehr quer durch alle Konfessionen hindurch: Liberale, aufgeklärte Christinnen und Christen aller Konfessionen stehen sich oft nahe; charismatische Erneuerungsbewegungen finden in unterschiedlichen Kirchen Anklang. Fragen der Moral und Sexualethik spalten die Gemüter, es existieren leider oftmals tiefe Gräben zwischen „Konservativen“ und „Liberalen“, die schwer zu überwinden sind. Zudem entstehen immer mehr neue, unabhängige, oft charismatisch geprägte Gemeinden, denen ein institutionalisiertes Christentum oder Staatskirchentum fremd ist. Der ÖRK hat den Anspruch, der repräsentativste christliche Zusammenschluss weltweit zu sein und zu bleiben, und muss sich doch eingestehen, nur einen Teil der Weltchristenheit abzubilden.

Seit Jahrzehnten ist immer wieder von einer Krise der ökumenischen Bewegung, von Stagnation oder einem „ökumenischen Winter“ die Rede. Der ÖRK führt in vielen Kirchen trotz zunehmender Globalisierung und der enormen internationalen Vernetzung ein Schattendasein. Vor diesem Hintergrund wird der ÖRK einmal mehr zeigen müssen, welche Legitimation er hat.

Nun steht Karlsruhe an – nach Amsterdam und Uppsala die dritte Vollversammlung in Europa. In einer Region, die für Versöhnung und Miteinander steht. Die Herausforderungen für die Weltchristenheit sind enorm: Wir haben Krieg in Europa. Die Pandemie ist nicht überwunden, die Ungerechtigkeiten haben sich verschärft und die Folgen werden uns noch lange beschäftigen. Die Veränderung des Klimas und die Umweltzerstörung bereiten vielen Menschen Sorge. Welche Spur kann hier Karlsruhe 2022 legen? Welche Impulse werden von der Vollversammlung ausgehen? Welche Botschaft kann das Motto: „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“ in diese Welt sprechen? Der September verspricht spannend zu werden. Und letzten Endes sind alle eingeladen, diesen Weg der Ökumenischen Bewegung mitzugehen und mitzugestalten.

Anmerkungen:
[1])    Vgl. Raiser, Konrad: Ökumene unterwegs zwischen Kirche und Welt. Erinnerungsbericht über dreißig Jahre im Dienst der ökumenischen Bewegung. Berlin 2013; Frieling, Reinhard: Art. Ökumene. In: TRE 25 (1995), S. 46–77; Norwood, Donald W.: Pilgrimage of Faith. Introducing the World Council of Churches. Geneva 2018.

[2])    https://www.oikoumene.org/resources/documents/toronto-statement.

[3])    Vgl. Raiser, Ökumene unterwegs (Anm. 1), S. 18.

[4])    Erklärung des Ökumenischen Patriarchats zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen des Ökumenischen Rates der Kirchen. In: Ökumenische Rundschau 22 (1973), S. 524–529.

Hanne Lamparter, Pfarrerin, Dr., Beratende Mitarbeiterin für Weltökumene am Konfessionskundlichen Institut Bensheim.

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