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Buchbesprechungen

RGOW 07-08/2024
Stefan Kube, Regula Zwahlen

Zwei Buchbesprechungen zu

Karl Pinggéra, Ovidiu Ioan (Hg.): Rumänische geistliche Väter des 20. Jahrhunderts
Daniel Munteau, Sorin Şelaru (eds.): Holding fast to the Mystery of the Faith. Festschrift for Patriarch Daniel of the Romanian Orthodox Church

Karl Pinggéra, Ovidiu Ioan (Hg.)
Rumänische geistliche Väter des 20. Jahrhunderts
Eine Anthologie
(= SOPHIA – Quellen östlicher Theologie, Bd. 39)
Trier: Paulinus Verlag 2024, 717 S.
ISBN 978-3-7902-1463-5. € 39.80; CHF 55.90.

Der vorliegende Band versteht sich als ein „Lesebuch rumänischer Spiritualität“ (S. 9) und versammelt eine Auswahl von 13 Geistlichen Vätern aus der rumänischen Orthodoxie im 20. Jahrhundert. Kennzeichnend für das innere Leben der Rumänischen Orthodoxen Kirche insbesondere während der kommunistischen Zeit war eine Wiederbelebung der hesychastischen Tradition. Ein Kristallisationspunkt dafür war der Zirkel „Rugul aprins“ („Brennender Dornenbusch“) von Geistlichen und Intellektuellen im Bukarester Kloster Antim Ende der 1940er Jahre. Die verbindenden Elemente dieser Bewegung waren laut Doro Doroftei „zuallererst ein Fokus auf die mystische Tradition der Kirche, welcher an Esoterik grenzte, sowie der Widerstand gegen das kommunistisch-atheistische Regime“ (S. 243).

In der Anthologie werden aber nicht nur Schlüsselgestalten des „Brennenden Dornenbuschs“ wie Daniil Sandu Tudor, Benedict Ghiuş oder Arsenie Papacioc und deren Texte vorgestellt, sondern auch Geistliche Väter, die an anderen Klöstern wirkten. Mit Andrei Scrima wird zudem eine Gestalt behandelt, die in jungen Jahren ebenfalls in Kontakt zu „Rugul aprins“ stand und später eine wichtige Rolle in der ökumenischen Bewegung spielte. Die Beiträge zu den einzelnen Geistlichen Vätern wurden hauptsächlich von rumänischen Theologen verfasst, wobei die Herausgeber betonen, dass sie den Autoren „ein hohes Maß an Freiheit in der Gestaltung der Beiträge“ belassen haben (S. 14). Das macht sich insbesondere daran bemerkbar, dass in einigen Texten eine zeitgeschichtliche Einordnung des jeweiligen Geistlichen Vaters geboten – also auch auf die Verbindungen einiger Mönche zur faschistischen Legionärsbewegung eingegangen wird, während diese Zusammenhänge bei anderen Beiträgen unerwähnt bleiben.

In den einzelnen Beiträgen werden in unterschiedlicher Gewichtung Biographisches der einzelnen Geistlichen Väter, theologischer Werdegang und geistliches Profil vorgestellt. Daran schließen sich Literaturangaben und übersetzte Texte der spirituellen Wegweiser an, die zum Großteil erstmals auf Deutsch erscheinen und eine wahre Fundgrube sind. Bei der Auswahl der Texte waren die Autoren frei: „Manche entschieden sich für im engeren Sinne spirituelle Textauszüge, andere für theologische Reflexionen, wieder andere stellten eher lebenspraktische Ratschläge ihres Vaters zusammen“ (S. 15). Eingeleitet wird die Anthologie von einer Einführung des evangelischen Theologen Andreas Müller, der die geistliche Lebensbegleitung als zentrales Element der orthodoxen Spiritualität verortet.

Stefan Kube

Daniel Munteau, Sorin Şelaru (eds.)
Holding fast to the Mystery of the Faith
Festschrift for Patriarch Daniel of the Romanian Orthodox Church
Paderborn: Brill Schöningh 2022, 499 S.
ISBN: 978-3-506-79191-7. € 124.–; CHF 156.–.

Für die Festschrift zum 70. Geburtstag des sechsten Patriarchen der Rumänischen Orthodoxen Kirche, Daniel (Ciobotea), konnten die Herausgeber gewichtige Autorinnen und Autoren gewinnen. Renommierte orthodoxe Autoren erweisen dem Patriarchen die Ehre, so Andrew Louth, Athanasious N. Papathanasiou, Job Getcha, Athanasios Vletsis und Peter C. Bouteneff, aber auch viele Freunde aus der ökumenischen Zusammenarbeit, u. a. der jüngst verstorbene evangelisch-reformierte Theologe Jürgen Moltmann mit einem Beitrag zur „Ökologischen Wende in der christlichen Theologie“, die römisch-katholische Theologin und Sozialethikerin Ingeborg G. Gabriel über „Christianity’s Inculturation into Modernity“ oder der evangelisch-lutherische Theologe Heinrich Bedford-Strohm, seit 2022 Vorsitzender des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen, zum Thema „Where is God in the Pandemic?“ Die 31 Beiträge in englischer, französischer und deutscher Sprache wurden in vier Teilen arrangiert: „Theology of Creation, Spirituality, and Mission“, „Social Ethics, Apophatic, and Contextual Theology“, „Pastoral Theology, Liturgy and Ministry“, „Ecclesiology, Christology, and Theological Dispute”.

Die Ökumene spielte in Patriarch Daniels Werdegang eine wichtige Rolle: Er hatte in Sibiu und Bukarest orthodoxe Theologie (u. a. beim bekannten Theologen Dumitru Stăniloae), in Strasbourg protestantische Theologie (1979 Dr. theol.) und in Freiburg i.Br. katholische Theologie studiert und lehrte von 1980 bis 1987 am Ökumenischen Institut im schweizerischen Bossey. 1987 trat er in ein rumänisches Kloster ein und wurde 1990 zum Erzbischof von Iași und zum Metropoliten der Moldau und Bukowina ordiniert. Von 1992 bis 2007 war er Professor für dogmatische und pastorale Theologie in Iași. Zum Patriarchen wurde er 2007 gewählt.

Einem weiteren wichtigen orthodoxen Akteur der Ökumene ist Martin Illerts Beitrag über den bulgarisch-orthodoxen Theologen Stefan Cankov gewidmet, der im Sommersemester 1927 an der Berliner Universität Vorlesungen zum „orthodoxen Christentum des Ostens“ hielt und damit bei evangelischen Theologen für eine Revision des „traurigen Bildes des östlichen Christentums“ sorgte, das Arnold von Harnack zur Jahrhundertwende gezeichnet hatte (S. 441). Zum Abschluss plädiert Peter De Mey, Professor für Ekklesiologie und Ökumene an der Katholischen Universität Leuven, für eine erneute Beschleunigung des orthodox-katholischen Dialogs, um die „olympische Flamme“ der Ökumene dem aktuellen „ökumenischen Winter“ zum Trotz am Glühen zu halten (S. 489).

Regula Zwahlen

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