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Hindernisreich. Der langsame Fortschritt der makedonischen Autokephalie

RGOW 09/2024
Andreja Bogdanovski

Die Lösung der makedonischen Kirchenfrage 2022 hat die dortige orthodoxe Kirche aus Jahrzehnten der Isolation befreit, die durch ihren schismatischen Status bedingt war. Allerdings zeigen sich auch die innerorthodoxen Spannungen über die Prozedur für die Gewährung der Autokephalie. Noch immer ringt die makedonische Kirche um die Anerkennung ihrer Autokephalie. Zudem belasten identitätspolitische Fragen die Beziehungen zu anderen orthodoxen Kirchen.

Die Makedonische Orthodoxe Kirche – Erzbistum Ohrid (MOK–EO) befand sich über 50 Jahre im Schisma, was ihre Beziehungen zur orthodoxen Ökumene stark einschränkte. Sie hatte sich 1967 einseitig für autokephal erklärt und ihre Verbindungen zur Serbischen Orthodoxen Kirche (SOK) abgebrochen. 1958/1959 hatte die makedonische Kirche zwar noch der kanonischen Einheit mit der SOK zugestimmt, doch faktisch funktionierte sie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs unabhängig, da die SOK starken Einschränkungen seitens der neuen kommunistischen Machthaber unterlag.[1]

Die SOK wies die Autokephalie-Erklärung der MOK–EO 1967 zurück und isolierte sie innerhalb der Orthodoxie. Ihre Position, die das Ökumenische Patriarchat über mehrere Jahrzehnte teilte, besagte, dass das kanonische Territorium im heutigen Nordmakedonien ausschließlich der SOK gehöre. 2002 kamen die MOK–EO und die SOK mit dem Abkommen von Niš einer Lösung sehr nahe.[2] Die vereinbarte Lösung sah eine Autonomie für die MOK–EO, aber keine Autokephalie vor. Die MOK–EO hätte also den Status einer selbstverwalteten Kirche als Teil der SOK gehabt. Aufgrund des massiven Drucks der politischen Eliten und der Öffentlichkeit gegen diese Lösung war die MOK–EO gezwungen, sich vom Abkommen von Niš zurückzuziehen. Als unbeabsichtigte Konsequenz entstand eine Splittergruppe in Nordmakedonien: Eine Gruppe von Geistlichen unter der Führung von Metropolit Jovan (Vraniškovski) akzeptierte das Abkommen von Niš und wurde 2005 als autonome Kirche innerhalb der SOK mit dem Titel Orthodoxes Erzbistum Ohrid anerkannt. Von den staatlichen Behörden in Makedonien wurde dies als feindlicher Akt wahrgenommen, was die politischen Spannungen mit Serbien verschärfte.

2017 änderte die MOK–EO ihre Strategie komplett und beschloss, die Bulgarische Orthodoxe Kirche (BOK) zu bitten, ihre „Mutterkirche“ zu werden und ihre Autokephalie anzuerkennen. Nach einer zurückhaltenden Antwort aus Sofia wandten sich die makedonische Staats- und Kirchenführung an den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios und baten ihn um eine Lösung der makedonischen Kirchenfrage. Im Mai 2022 beschloss die Hl. Synode des Ökumenischen Patriarchats, die MOK–EO in die eucharistische Gemeinschaft aufzunehmen, ohne ihr jedoch die Autokephalie zu gewähren.

Grauzone der Anerkennung
Obwohl der schismatische Status der MOK–EO mit dem Entscheid des Ökumenischen Patriarchats aufgehoben wurde, ist ihr Status noch immer nicht vollständig geklärt. Die Wiederaufnahme der MOK–EO durch Patriarch Bartholomaios wurde in der orthodoxen Welt fast durchgehend begrüßt und bestätigt. Doch die darauffolgende Entscheidung der SOK, der MOK–EO einen Tomos über die Autokephalie auszustellen, kam unerwartet schnell und vertiefte die Spaltung in der Orthodoxie über das richtige Prozedere zur Gewährung der Autokephalie. Nur wenige orthodoxe Kirchen anerkennen den von der SOK ausgestellten Autokephalie-Tomos, während das Ökumenische Patriarchat ihn vehement bestreitet.

Ein scheinbar beschlossener Weg zur kirchlichen Unabhängigkeit, der 2010 von der Interorthodoxen Vorbereitungskommission in Chambésy erarbeitet worden war, konnte den Konflikt zwischen der SOK und dem Ökumenischen Patriarchen über das Vorrecht, die Autokephalie zu gewähren, nicht verhindern. Der vereinbarte Mechanismus betonte, dass der Segen der „Mutterkirche“ notwendig ist, wenn eine neue Kirche nach Autokephalie strebt. Im Fall der MOK–EO bedeutete dies, dass die SOK ihre Zustimmung geben musste, da sie als deren Mutterkirche betrachtet wird. Danach sollte das Ökumenische Patriarchat auf panorthodoxer Ebene einen Konsens suchen.

Der Fall der MOK–EO zeigt jedoch, dass es an der Bereitschaft mangelt, den Vorschlägen von Chambésy zu folgen. Die SOK verlieh der MOK–EO am 16. Mai 2022 zunächst wieder ihren Status von 1959, als sie ein autonomer Teil der SOK war. Nur wenige Wochen später überreichte sie am 5. Juni 2022 in Belgrad den Vertretern der MOK–EO den Tomos der Autokephalie, wie dies der serbische Patriarch Porfirije kurz zuvor in der nordmakedonischen Hauptstadt Skopje vor Gläubigen angekündigt hatte. Dabei anerkannte die SOK die MOK–EO mit ihrem vollen Namen „Makedonische Orthodoxe Kirche – Erzbistum Ohrid“. Allerdings ließ der Tomos die endgültige Lösung der Namensfrage offen: „Zugleich empfiehlt die SOK dem Vorsteher und dem Hl. Synod der neuen autokephalen Schwesterkirche wärmstens, die Frage ihres offiziellen Namens durch einen brüderlichen Dialog mit den griechischsprachigen und anderen orthodoxen Lokalkirchen zu lösen.“[3] Anders als das Ökumenische Patriarchat äußerte sich die SOK auch nicht zur Frage der makedonischen Diaspora.[4]

Anschließend informierte die SOK den Rest der orthodoxen Welt. Einige Kirchen anerkannten den serbischen Tomos, so die Russische Orthodoxe Kirche (ROK) und die BOK. Die MOK–EO behauptet auch, von der Orthodoxen Kirche der Tschechischen Länder und der Slowakei sowie von der Rumänischen Orthodoxen Kirche (RumOK) anerkannt worden zu sein.[5] Letztere hat ihre Anerkennung der Autokephalie der MOK–EO zwar erklärt, wartet aber auf eine offizielle Zustimmung aus Istanbul. Keine der griechischsprachigen Kirchen hat den serbischen Tomos anerkannt.

Laut Metropolit Kyrillos (Dragunis) von Imbros und Tenedos vom Ökumenischen Patriarchat hatte die SOK kein Recht zu intervenieren, er bezeichnete den serbischen Tomos als „falschen Tomos“ und als „Provokation“. „Leider haben sich die Serben der russischen Kirche angeschlossen, und sie wurden angewiesen, so zu handeln; sie legten ein gefälschtes Stück Papier vor, das keine Bedeutung hat. Es ist ein falscher Tomos, den niemand anerkennt.“[6]

Den gemeinsamen Gottesdienst des serbischen und makedonischen Kirchenvorstehers am 19. Mai 2022 in Belgrad hatte Patriarch Bartholomaios noch begrüßt und ihn ein Zeichen der Versöhnung zwischen den beiden Kirchen bezeichnet.[7] Den serbischen Tomos aber lehnte er entschieden ab. Der Ökumenische Patriarch lancierte jedoch auch keine Diskussion über einen panorthodoxen Konsens. Stattdessen entschied er, die Liste der Forderungen vor der Gewährung der Autokephalie auszuweiten. So verlangte er von der MOK–EO, dass sie die Autokephalie der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) anerkennt, ihren Namen ändert und sich mit ihrer Jurisdiktion auf das Gebiet innerhalb der Grenzen Nordmakedoniens beschränkt.

Zwischen Konstantinopel und Moskau
Das Kommuniqué des Ökumenischen Patriarchats, das die Bedingungen für dessen Entscheidung vom Mai 2022 darlegte, skizzierte die Position des Phanar, was zur Lähmung seiner Beziehung zur MOK–EO führte. Das Dokument unterstrich, dass der Name der Kirche das Wort „makedonisch“ nicht enthalten dürfe, sondern „Ohrid“ genannt werden müsse.[8] Die Verwendung des Begriffs „Makedonien“ betrifft sowohl in Griechenland als auch in Nordmakedonien eine höchst problematische Identitätsfrage.[9] Schon in der Vergangenheit hatte der Ökumenische Patriarch gesagt, dass er die Kirche nicht anerkennen würde, solange das Wort „Makedonien“ Teil ihres Namens sei.[10]

Das Dokument legt auch fest, dass die MOK–EO nur innerhalb der Grenzen von Nordmakedonien anerkannt wird. Dies wirft die Frage nach Einschränkungen für die makedonische Diaspora im Ausland auf. Das Kommuniqué folgt einer ähnlichen Formulierung, die das Ökumenische Patriarchat 2019 für den ukrainischen Autokephalie-Tomos verwendet hat, mit der es das Recht der OKU beschnitt, neue Gemeinden im Ausland zu gründen und betreiben.

Die MOK–EO beeilte sich allerdings nicht, ihren Namen in ihrem Statut zu ändern, und tat nichts, das als Einschränkungen in der Diaspora hätte wahrgenommen werden können, womit sie die Anforderungen des Ökumenischen Patriarchen nicht erfüllte. Neben dem serbischen Autokephalie-Tomos trugen weitere Faktoren zur Abkühlung der Beziehung der MOK–EO zum Ökumenischen Patriarchat bei: eine intensivere Zusammenarbeit mit der ROK und das sich verändernde politische Klima in Nordmakedonien.

Die erste Kirche, die die Autokephalie der MOK–EO anerkannte, war im August 2022 die ROK. Wie die SOK anerkannte die ROK sie mit ihrem vollen Namen, ohne jegliche Vorbehalte diesbezüglich oder bezüglich ihrer Diaspora. Das nahmen die MOK–EO und die makedonische Öffentlichkeit sehr positiv auf, da es sich um ein emotional aufgeladenes Thema handelt, insbesondere nach der Unterzeichnung des Abkommen über gute Nachbarschaft mit Bulgarien und des Prespa-Vertrags, der zur Änderung des Landesnamens führte.

Die ROK hat die makedonische Autokephalie aus zwei Gründen gebilligt. Als Folge der russischen Invasion in die Ukraine und der internationalen Isolation brauchte sie neue Partner, um ihre Relevanz in der orthodoxen Welt zu erhalten. Zudem unterstützte die ROK die makedonische Autokephalie aus Protest gegen den Ökumenischen Patriarchen und die Orthodoxe Kirche von Griechenland, weil diese die Unabhängigkeit der OKU unterstützen. Der Ablauf der Gewährung der Autokephalie für die MOK–EO stimmte zudem weitgehend mit dem Prozedere überein, das die ROK während vieler Jahre im Fall der ukrainischen Kirche propagiert hatte. Die ROK besteht darauf, dass der Ökumenische Patriarch nicht als einziger das Vorrecht genießt, die Autokephalie zu gewähren, und dass die Mutterkirche ebenso wichtig ist. Deshalb betrachtet die ROK das Engagement des Ökumenischen Patriarchats in der Ukraine als willkürlich und kriminell.

Geforderte Anerkennung der ukrainischen Autokephalie
Wie für jede andere orthodoxe Kirche ist die Frage der ukrainischen Autokephalie zum zentralen Thema der Außenpolitik der MOK–EO geworden. Sie betrifft die MOK–EO jedoch anders als die anderen orthodoxen Kirchen, weil das Ökumenische Patriarchat von ihr erwartet, die 2019 gewährte Autokephalie der OKU anzuerkennen. Das wurde im ursprünglichen Kommuniqué des Ökumenischen Patriarchen vom Mai 2022 nicht erwähnt, die Anforderung kam später dazu. Metropolit Kyrillos vom Ökumenischen Patriarchat sagte, dass die Anerkennung der OKU durch die MOK–EO wohlwollend aufgenommen würde.[11] Die Argumentation ist einfach: Der Ökumenische Patriarch will vermeiden, dass eine neu unabhängige MOK–EO, der er Autokephalie gewährt hat, andere Autokephalien nicht anerkennt, die er früher verliehen hat.

Die MOK–EO empfindet diese Ausweitung der Bedingungen für die Autokephalie als zusätzliche Belastung, die die Situation verkompliziert, da sie eine Beziehung zu Moskau aufzubauen begonnen hat. Jedes Zeichen von Freundlichkeit gegenüber der OKU würde Patriarch Kirill missbilligen, was die MOK–EO nicht riskieren möchte. Die neue Partnerschaft mit der ROK hat aber ihren Preis. Die makedonischen Hierarchen distanzierten sich zwar von Russlands Angriff auf die Ukraine und der aktiven Rolle der ROK bei der Befeuerung von Putins Kriegsmaschine. Aber die MOK–EO war eine der letzten orthodoxen Kirchen, die zur Beendigung des Blutvergießens aufrief.

2023 kontaktierte das Oberhaupt der OKU, Metropolit Epifanij (Dumenko), das makedonische Kirchenoberhaupt Stefan (Veljanovski) direkt, um ihn für einen gemeinsamen Gottesdienst anzufragen. Erzbischof Stefan lehnte die Einladung ab, solange keine panorthodoxe Lösung hinsichtlich der ukrainischen Autokephalie gefunden sei.[12] Das heißt nicht, dass die MOK–EO die Ukraine völlig vergessen hätte. Doch ihr bevorzugter Partner ist Metropolit Onufrij (Berezovskij) von der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK), die im Mai 2022 ihre Unabhängigkeit vom Moskauer Patriarchat erklärt hat. Seit dem Beginn der russischen Invasion ist die Führung der MOK–EO in ständigem Kontakt mit den Hierarchen der UOK.

Obwohl diese Entwicklungen ohne jeden Zweifel darauf hinweisen, welche Seite die MOK–EO gewählt hat, beschloss ihr Hl. Synod im März 2024 die Einrichtung einer Kommission, die die Frage der ukrainischen Autokephalie und der Benennung der Kirche untersuchen soll. Diese überraschende Wende ist insofern verblüffend, weil Erzbischof Stefan nur zwei Monate später öffentlich erklärte, dass die Bedingungen des Ökumenischen Patriarchen für die Gewährung der Autokephalie, darunter die Anerkennung der OKU, inakzeptabel seien.[13] Auch eine Umbenennung der Kirche und Einschränkungen in der Diaspora lehnte er ab.

Umstrittener Name der Kirche
Die Frage der Benennung der Kirche ist nicht einfach, da die MOK–EO im Laufe der Jahre ihre Position erheblich geändert hat. Die Namensfrage ist vermutlich am stärksten staatlicher und politischer Einflussnahme ausgesetzt. Als 2018 das Prespa-Abkommen unterzeichnet wurde und das Land seine Beziehungen zum benachbarten Griechenland neu ausrichtete, zeigte die MOK–EO größere Flexibilität bei der Verwendung des Namens Erzbistum Ohrid. Im Kommuniqué von 2022 verwies der Ökumenische Patriarch darauf, dass das Oberhaupt der MOK–EO eingewilligt habe, den Namen Erzbistum Ohrid für seine Kirche zu verwenden. Seither hat die MOK–EO ihre Position jedoch geändert, was dieses Jahr in Erzbischof Stefans festem „Nein“ zu einem Namenswechsel kulminierte.

Abgesehen von der Rolle der Politik ist das Problem auch bei den Mitgliedern des Hl. Synods der MOK–EO umstritten. Es kam zu einer Spaltung zwischen denjenigen, die den erga omnes-Gebrauch (für alle Zwecke) des Namens Erzbistum Ohrid ablehnen, und denjenigen, die nachsichtiger sind, um die Bedingungen des Ökumenischen Patriarchen zu erfüllen.

Die Benennung der Kirche hat zusätzliche Komplikationen für die orthodoxen Lokalkirchen geschaffen, die seit 2022 die Autokephalie der MOK–EO anerkannt haben. Die BOK lehnt den Namen Erzbistum Ohrid ab, weil sie sich selbst als Nachfolgerin des historischen Erzbistums Ohrid sieht, das während 700 Jahren in Südosteuropa bestanden hatte. Daher anerkennt die BOK die MOK–EO unter dem Begriff „Kirche von Nordmakedonien“ und bezeichnet Erzbischof Stefan als „nordmakedonischen Erzbischof“.

Der Zeitpunkt der Entscheidung von Erzbischof Stefan, die Bedingungen des Ökumenischen Patriarchats für die Autokephalie als inakzeptabel zu erklären, fiel mit dem politischen Machtwechsel in Nordmakedonien zusammen. Die Mitte-Rechts-Partei VMRO-DPMNE unter der Leitung von Hristijan Mickovski übernahm die Regierung nach sieben Jahren Herrschaft der Sozialdemokraten. Eines der zentralen Wahlversprechen der VMRO-DPMNE war, eine souveränere Außenpolitik zu verfolgen, die dem Ansatz der Vorgängerregierung zu den Nachbarn Nordmakedoniens entgegengesetzt ist. Die VMRO-DPNME forderte, das Abkommen über gute Nachbarschaft mit Bulgarien zu revidieren und den Prespa-Vertrag mit Griechenland selektiv anzuwenden. Unter diesen neuen politischen Bedingungen konnte es sich die MOK–EO politisch nicht leisten, sich bei der Benennung der Kirche und der Frage der Diaspora flexibel zu zeigen. Sie würde eine Wiederholung der Episode von 2002 mit dem gescheiterten Abkommen von Niš riskieren.

Die Frage der Diaspora
Eine andere sehr umstrittene Angelegenheit, die unter Kirchenvertretern und der breiteren Öffentlichkeit Verwirrung stiftet, betrifft die Diasporagemeinden der MOK–EO. Die makedonische Diaspora und Öffentlichkeit sind alarmiert, weil im ukrainischen Fall ein ähnlicher Vorbehalt angewendet wurde. Laut dem Autokephalie-Tomos für die Ukraine verbietet das Ökumenische Patriarchat das Bestehen oder die Einrichtung von ukrainischen Diaspora-Kirchgemeinden im Ausland. Das Ziel ist die Einhaltung der Regel „eine Stadt, ein Bischof“ anstelle der derzeitigen sich überschneidenden und parallelen Jurisdiktionen.

Die Einschränkung der makedonischen Kirchendiaspora durch das Ökumenische Patriarchat kann im Text des Kommuniqués von 2022 nachgelesen werden: „Es anerkennt ‚Ohrid‘ als den Namen dieser Kirche (verstanden als die Region ihrer Jurisdiktion, ausschließlich innerhalb der Grenzen des Territoriums des Staats Nordmakedonien), wie das auch von ihrem Vorsteher schriftlich dem Ökumenische Patriarchat versprochen wurde.“[14] Die MOK–EO hat in Australien, den USA, Kanada und Europa, wohin Makedonen emigriert sind, aktive Kirchgemeinden. Ihre Haltung ist, dass es eine Diskussion über die Diaspora geben kann, wenn diese auch die anderen orthodoxen Lokalkirchen betrifft, die im Ausland Kirchgemeinden haben wie die SOK, die RumOK und die BOK.

In den sozialen Medien kamen mehrere politisierte Initiativen auf, die sich gegen jegliche Einschränkungen für die Diaspora der MOK–EO aussprachen.[15] Im Hl. Synod der MOK–EO gibt es wie in der Namensfrage entgegengesetzte Ansichten unter den Mitgliedern. Einige wie Metropolit Naum (Ilievski) und Metropolit Jovan (Vraniskovski) glauben, dass bestimmte Modalitäten angewendet werden könnten, die die Position des Ökumenischen Patriarchen befriedigen, aber auch die Kirchen der MOK–EO intakt lassen würden: „Ein Kompromiss ist in der Angelegenheit schon gefunden worden. Allen Kirchen steht es frei, ihre Diaspora zu organisieren. Die einzige Neuerung ist, dass ein Koordinationsrat geschaffen werden muss, der alle Kirchen eines bestimmten Gebiets umfasst. Und der Vorsitzende in diesem Rat ist immer ein Bischof des Ökumenischen Patriarchats.“[16] Ein anderer Aspekt dieser Frage betrifft sich überschneidende Titel von Bischöfen. Metropolit Naum erklärte, dass die MOK–EO aufgefordert ist, „dass die Titel unserer Bischöfe nicht mit den Titeln der Bischöfe des Ökumenischen Patriarchats übereinstimmen“. Das ganze Ausmaß des Eingreifens des Ökumenischen Patriarchats in die Reorganisation der MOK–EO in der Diaspora werde sich zeigen, wenn der Autokephalie-Tomos verfasst ist.

Integration des Orthodoxen Erzbistums Ohrid
Eine Begleiterscheinung der Wiederherstellung der Beziehung zur SOK war die Vereinigung des Orthodoxen Erzbistums Ohrid, das der SOK unterstand, mit der MOK–EO. Fast 20 Jahren (2005–2023) funktionierte diese Kirchenstruktur als autonome Kirche innerhalb der SOK. Diese Splittergruppe unter Jovan (Vraniškovski) entstand 2002, nachdem sich die MOK–EO geweigert hatte, das Abkommen von Niš zu unterschreiben. Die Kirche war ständigen Anfeindungen seitens des makedonischen Staats ausgesetzt, da die Behörden in Skopje sich weigerten, sie als eigene religiöse Organisation entsprechend der nordmakedonischen Gesetzgebung zu registrieren. Gegen die Leitung der Kirche wurden mehrere Strafverfahren eingeleitet.

Nach dem Erhalt der Autokephalie der MOK–EO von der SOK gab es ekklesiologisch keine Notwendigkeit mehr für die Existenz zweier getrennter Kirchenstrukturen, insbesondere weil der schismatische Status der MOK–EO aufgehoben war. Im Mai 2023 wurde das Erzbistum vollständig in die MOK–EO integriert. Für diese Veränderungen waren leichte organisatorische Anpassungen nötig. So leitet Metropolit Jovan nun die Eparchie von Kruševo und Demir Hisar.

Die MOK–EO ist nun völlig Teil der orthodoxen Ökumene. Ohne den Bedingungen des Ökumenischen Patriarchats zuzustimmen, kann sie aber keine wesentlichen Fortschritte auf dem Weg zur allgemeinen Anerkennung ihrer Autokephalie machen. Das Zögern von Bartholomaios und die ungelöste Namensfrage halten einige orthodoxe Lokalkirchen von der Anerkennung ab. Die identitätsbefrachteten Fragen haben jedoch einen hohen politischen Wert und können von den politischen Eliten in Nordmakedonien und den Nachbarländern (Bulgarien und Griechenland) leicht politisiert werden. In der Zwischenzeit wird sich die MOK–EO weiterhin auf die Partnerschaft mit der ROK und der SOK verlassen und diese stärken.

Anmerkungen:
[1])    Kube, Stefan: Ein 50-jähriger Streitfall: Die Makedonische Orthodoxe Kirche. In: RGOW 45, 9 (2017), S. 23–27.

[2])    Živković, Nenad: Surrendering to Public Pressure: The ‘Macedonian Orthodox Church’ and the Rejection of the Niš Agreement in 2002. In: Koellner, Tobias (ed.): Orthodox Religion and Politics in Contemporary Eastern Europe. On Multiple Secularisms and Entanglements. Abingdon 2019, S. 214–232.

[3])    https://www.mocdanz.org.au/mk_MK/спц-и-официјално-со-томос-ја-призна-пол/https://www.mocdanz.org.au/mk_MK/спц-и-официјално-со-томос-ја-призна-пол/

[4])    Zenger, Natalija; Kube, Stefan: Überraschende Entscheidung. Makedonische Kirche wird autokephal. In. RGOW 50, 6 (2022), S. 3–5.

[5])    https://liturgija.mk/bogoslovie/istorija/priznavanjeto-na-makedonskata-pravoslavna-crkva-ohridska-arhiepiskopija-od-strana-na-ostanatite-sestrinski-pravoslavni-crkvi/

[6])    https://balkaninsight.com/2024/05/03/macedonian-churchs-independence-challenged-by-constantinople-patriarch/

[7])    http://religija.mk/zaednichkoto-sosluzuvanje-na-poglavarite-porfirij-i-stefan-e-chin-na-pomiruvanje-smeta-vartolomej/

[8])    https://ec-patr.org/communique-may-9-2022/

[9])    Seit 1991 gab es einen Konflikt zwischen Griechenland und Nordmakedonien über die Verwendung des Namens „Makedonien“. Griechenland lehnte diese Bezeichnung für das nördliche Nachbarland ab, da es ihn als territorialen Anspruch auf die nordgriechische Region Makedonien und als einen Versuch der Aneignung griechischen Kulturerbes ansah. Die Namensfrage wurde 2018 mit der Unterzeichnung des Prespa-Abkommens gelöst, als Makedonien zu Nordmakedonien wurde.

[10])   https://www.romfea.gr/diafora/23666-xoris-to-onoma-makedonia-i-paragogo-tou-tha-einai-i-ekklisia-ton-skopion

[11])   https://balkaninsight.com/2024/05/03/macedonian-churchs-independence-challenged-by-constantinople-patriarch/

[12])   http://religija.mk/mpc-oa-i-na-delo-pochna-da-sproveduva-ruska-agenda/

[13])   https://balkaninsight.com/2024/05/22/macedonian-church-rejects-constantinoples-conditions-for-independence/

[14])   https://ec-patr.org/communique-may-9-2022/

[15])   https://infomax-mk.translate.goog/народот-се-самоорганизира-се-потпишу/?_x_tr_sl=mk&_x_tr_tl=en&_x_tr_hl=en&_x_tr_pto=sc

[16])   https://balkaninsight.com/2024/06/21/macedonian-bishop-dont-ask-us-to-choose-between-constantinople-and-moscow

Übersetzung aus dem Englischen: Natalija Zenger.

Andreja Bogdanovski, Dr., Analyst und Journalist zum Thema Orthodoxie aus Skopje, lebt in Edinburgh; www.divinediplomacy.com

Bild: Patriarch Porfirije (links) überreicht Erzbischof Stefan den Tomos zur Autokephalie. (Foto: www.spc.rs).

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