RGOW 2016 08: Kirchen und Homosexualität
PANORTHODOXES KONZIL
Stefan Kube: Licht und Schatten. Offene Fragen nach dem Panorthodoxen Konzil
Trotz aller Turbulenzen im Vorfeld hat das Panorthodoxe Konzil Mitte Juni auf Kreta stattgefunden. Vier orthodoxe Kirchen, darunter die Russische Orthodoxe Kirche, verweigerten jedoch ihre Teilnahme. Auf dem Konzil wurden alle Dokumente einstimmig verabschiedet. Entscheidend wird sein, wie diese in den einzelnen orthodoxen Kirchen rezipiert werden, und wie sich die abwesenden Kirchen zu den Beschlüssen von Kreta stellen.
RUSSLAND
Regula Zwahlen: Verschärftes Antiterrorgesetz schränkt Religionsgemeinschaften ein
Am 20. Juli sind in Russland Änderungen am Antiterrorgesetz in Kraft getreten, die auch das Gesetz über Gewissensfreiheit und religiöse Vereinigungen betreffen. Insbesondere wird „missionarische Aktivität“ außerhalb religiöser Gebäude staatlich reguliert und in Privatwohnungen verboten.
KIRCHEN UND HOMOSEXUALITÄT
Stephan Goertz: Lehre im Zwiespalt. Die katholische Bewertung von Homosexualität
Das römische Lehramt hat sich in den letzten 40 Jahren mehrfach zur Homosexualität geäußert. Die Diskriminierung Homosexueller wird zwar abgelehnt, zugleich wird ihnen aber das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung abgesprochen. Auch unter Papst Franziskus befindet sich die kirchliche Lehre im Zwiespalt, Homosexuelle in ihrer Würde achten zu wollen, jedoch gleichzeitig ihre gelebte Sexualität zu verurteilen.
Hartmut Kreß: Protestantische und grundrechtliche Zugänge zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften
Auf die staatliche Legitimierung gleichgeschlechtlicher Lebensformen haben die evangelischen Kirchen in Deutschland unterschiedlich reagiert. Das Spektrum reicht von biblizistischen Verurteilungen bis zu verborgenen oder öffentlichen Segnungen. Aus ethischer Sicht ist neben der Kritik an alten Traditionen die Beachtung heutiger Grundrechte einzufordern. Herausgefordert sind die Kirchen auch als Arbeitgeberinnen und im Umgang mit „Regenbogenfamilien“.
Andreas R. Ziegler: Die Rechte sexueller Minderheiten in Europa
In den letzten Jahren sind viele rechtliche Diskriminierungen sexueller Minderheiten insbesondere in Nord- und Westeuropa abgebaut worden. Dennoch bestehen zahlreiche Probleme weiter, so in Bezug auf das Adoptionsrecht oder auf Hassverbrechen. Besonders schwierig gestaltet sich die Situation von Transpersonen, vor allem weil eine Änderung des Geschlechts in den Personenstandsregistern erst in wenigen Staaten möglich ist.
Michael Brinkschröder: Heimatsuche im Niemandsland – Christliche LGBT-Gruppen in Osteuropa
Christliche LGBT-Gruppen befinden sich zwischen den Frontlinien einer säkularen LGBT-Bewegung und zumeist konservativen Kirchen, die ihre Anliegen als Sünde verdammen. Dennoch ist in den letzten Jahren eine vielfältige Szene von christlichen LGBT-Gruppen in Ostmittel- und Osteuropa entstanden, die sich vermehrt um internationale Kontakte bemüht. Herausgefordert sind diese Gruppen u. a. durch ein homophobes gesellschaftliches Umfeld, staatliche Schikanen und, daraus resultierend, durch Frustration und Überforderung.
Martin Mlinarić: Familismus in der „Wüste des Postsozialismus“
In Serbien und Kroatien gibt es Bewegungen, die sich unter einem pro-familiären Vorzeichen gegen die institutionelle Gleichstellung von sexuellen Minderheiten einsetzen. In Serbien macht die Partei „Dveri“ Stimmung gegen die angebliche Ideologie des „aggressiven Homosexualismus“. Auf Bestreben der Bürgerinitiative „Im Namen der Familie“ fand 2013 ein Referendum in Kroatien statt, das zum Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe in der Verfassung führte.
Konstantin Mikhailov: Die russische Orthodoxie zwischen maskulinem Ideal und Homophobie
Die Russische Orthodoxe Kirche verurteilt gleichgeschlechtliche Sexualität scharf und hat das Gesetz über „nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen“ von 2012 begrüßt. Die Aggressivität des Diskurses in Russland hängt jedoch weniger mit spezifischen russischen Traditionen zusammen, als mit für den postsowjetischen Raum typischen Phänomenen wie Angst vor Sexualität, sexueller Gewalt in Gefängnissen und in der Armee, einer mangelhaften Ausbildung der Geistlichen und einem hypermaskulinen Männerbild in der Kirche.