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Bulgarien: Bericht über die Kontakte orthodoxer Bischöfe zur Staatssicherheit

16. Februar 2012
Die «Kommission für die Öffnung der Akten der Staatssicherheit» wirft der Mehrzahl der Bischöfe der Bulgarischen Orthodoxen Kirche vor, in kommunistischer Zeit mit der Staatssicherheit des Landes zusammengearbeitet haben.

Laut einem Mitte Januar veröffentlichten Bericht der Kommission sollen elf der 15 heutigen Mitglieder des Hl. Synods Agenten bzw. Informelle Mitarbeiter des «Komitees für Staatssicherheit» (Komitet za Daržvna Sigurnost/KDS) gewesen sein. Patriarch Maksim stufte die Untersuchungskommission dagegen als unbelastet ein. Der Bericht der Kommission, die seit 2007 sukzessive die Archive der Geheimdienste aufarbeitet, macht deutlich, dass die Bischöfe vor allem bei Reisen ins westliche Ausland zur Kooperation mit dem KDS gezwungen waren.

Auf die Anschuldigungen der Kommission reagierten die Bischöfe unterschiedlich: Manche entschuldigten sich, andere schwiegen, wieder andere stellten gänzlich in Abrede, jemals für die Staatssicherheit gearbeitet zu haben. So erklärte Metropolit Neofit (Dimitrov) von Ruse, der unter dem Decknamen «Simeonov» in den Akten des KDS geführt worden war, dass er lediglich ein einziges Mal Kontakt mit der Staatssicherheit gehabt habe. Dabei sei es um die Auslandsreise einer kirchlichen Delegation gegangen, und das zähle nicht als Kollaboration: «Wir wurden ausführlich darüber instruiert, wie wir uns vor Provokationen schützen und die Prozesse beobachten sollten, die im Westen oder in den USA vor sich gingen, also auch die Beziehungen zwischen den Kirchen auf den beiden Kontinenten. Auf besagter Konferenz wurden Fragen erörtert, die alle Kirchen bewegten – das interessierte unseren Staat. Das aber ist nun nicht irgendeine bezahlte Tätigkeit, eine sog. Denunziation. Die war mir immer widerwärtig. So etwas habe ich niemals getan.»

Der Hl. Synod hat eine Stellungnahme angekündigt. In einem Interview mit dem bulgarischen Radiosender «Horizont» sagte Metropolit Joseph (Bosakov) von Amerika, Kanada und Australien, der seine Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst vor einigen Jahren selbst zugegeben und dafür um Verzeihung gebeten hatte, dass er nicht mit einem Rücktritt eines der belasteten Bischofs rechne. Die Vorsitzende der «Kommission für die Öffnung der Akten der Staatssicherheit», Ekaterina Bončeva, erklärte, es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass Patriarch Maksim ein Informeller Mitarbeiter gewesen sei. Selbst wenn seine Akte vernichtet worden wäre, müsste es Dokumente geben, die zumindest indirekt auf seine Mitarbeit mit dem Geheimdienst schließen ließen. Dass Patriarch Maksim nicht auf der Liste der Untersuchungskommission steht, hat für einige Überraschung gesorgt: Waren doch bereits kurz nach dem Systemumbruch Vorwürfe laut geworden, dass der seit 1972 amtierende Patriarch eng mit der Staatssicherheit zusammengearbeitet hätte. Als Patriarch Maksim den damaligen Forderungen nach Rücktritt nicht nachkam, formierte sich 1992 ein «Gegen-Synod», was zu einem bis heute andauernden Schisma in der Bulgarischen Orthodoxen Kirche führte (s. G2W 9/2009, S. 22-25).

Die im Dezember 2006 ins Leben gerufene «Kommission für die Öffnung der Akten der Staatssicherheit» hat bisher rund 100 000 Personen des öffentlichen Lebens auf ihre Mitgliedschaft als Informelle Mitarbeiter überprüft und knapp 5 000 aufgedeckt.

www.portal-credo.ru, 14. Dezember 2011, 18., 23. Januar; Kathpress, 3. Februar 2012 – O.S.

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