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Estland: Innenminister will Verbindungen zum Moskauer Patriarchat gesetzlich verbieten

13. November 2024

Der estnische Innenminister Lauri Läänemets hat der Regierung vorgeschlagen, das Religionsgesetz anzupassen.

Damit sollen Verbindungen von Religionsgemeinschaften in Estland zu allen ausländischen Organisationen, die beispielsweise eine Bedrohung für die gesellschaftliche oder verfassungsmäßige Ordnung Estlands darstellen, einen kriegerischen Angriff unterstützen oder zu Krieg anstacheln oder zu Terrorismus oder einer anderen Form gewalttätigen Verhaltens aufrufen, verboten werden. Als Grund für diesen Vorschlag gibt der Minister an, dass die Estnische Orthodoxe Kirche, die zum Moskauer Patriarchat gehört (EOK), selbst keine entschlossenen Schritte zur Trennung vom Moskauer Patriarchat unternommen habe.

Das Moskauer Patriarchat sei heute „offensichtlich noch eine Waffe im Arsenal des Einflusses von Russland, mit dessen Hilfe nicht nur das eigene Volk niedergehalten wird, sondern es wird auch versucht, mit dem Missbrauch des Glaubens die Seelen von Menschen in anderen Ländern zu vergiften“, sagte Läänemets vor den Abgeordneten des estnischen Parlaments. Mit Blick auf die „geografische Lage, historische Erfahrung und aktuelle Realität“ könne Estland sich nicht damit versöhnen, dass die EOK zum Moskauer Patriarchat gehöre. Er verstehe, dass die EOK und ihre Gemeinden vor sehr schwierigen Entscheidungen stünden. Aber die Kirche müsse sich bewusst sein, dass ihre Unterordnung unter eine „feindliche fremde Macht und aggressive Mutterkirche“ eine „Bedrohung unserer Religionsfreiheit und der Sicherheit in Estland darstellt“.

Läänemets findet auch, dass eine Religionsgemeinschaft in Estland nicht vom Ausland aus von einer Person, deren Handlungen eine Gefahr für die gesellschaftliche Ordnung oder Sicherheit des Landes darstellen könnten und der deshalb die Einreise und der Aufenthalt in Estland verboten sind, geleitet werden darf. Das richtet sich gegen das Oberhaupt der EOK, Metropolit Evgenij (Reschetnikov), der im Februar 2024 ausreisen musste, weil seine Aufenthaltsgenehmigung aus Sicherheitsbedenken nicht verlängert wurde. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen richten sich laut dem Innenminister aktuell auf die EOK und ihre Leitung. Aber die Anpassungen würden auch verhindern, dass künftig „lokale Religionsgemeinschaften und Gläubige ungehindert von einem Geistlichen mit bösen Absichten aus dem Ausland geleitet werden können“.

Die EOK steht wegen ihrer Zugehörigkeit zum Moskauer Patriarchat seit längerem unter Druck. Außer der Ausweisung ihres Oberhaupts mussten ihre Bischöfe mehrfach im Innenministerium erscheinen, um die Haltung ihrer Kirche zu erklären. Unter staatlichem Druck begann sie, ihr Statut zu überarbeiten und entfernte schließlich alle Hinweise auf das Moskauer Patriarchat. Aber sie weigert sich, sich vollständig davon loszusagen oder gar die eigene Autokephalie zu erklären. Neben der EOK existiert in Estland auch die Estnische Apostolische Orthodoxe Kirche (EAOK), die dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel untersteht. Diese schlug der EOK im September den Status eines selbstverwalteten Vikariats der Gemeinden russischer Tradition innerhalb ihrer eigenen Struktur vor. Am 17. Oktober wies die EOK in einem Antwortschreiben den Vorschlag entschieden zurück. Als wichtigste Gründe nannte es die jüngsten Änderungen am Statut, die bereits ihre Unabhängigkeit ausgeweitet hätten, die fehlende Zustimmung der Geistlichkeit und der Laien zu einem solchen Schritt sowie die bestehenden Übereinkommen zwischen den Patriarchaten von Moskau und Konstantinopel bezüglich der Orthodoxie in Estland.

Auch das estnische Kloster Pühtitsa, das direkt dem Moskauer Patriarchat untersteht, wurde vom Innenministerium aufgefordert, sich von Moskau loszusagen. Äbtissin Filareta (Kalatscheva) erklärte nun in einer schriftlichen Antwort an Innenminister Lauri Läänemets, dass das Kloster nicht das Recht habe, eigenmächtig seinen Status zu ändern. Der Vorschlag, die Nonnen abstimmen zu lassen, widerspreche deren Gelübde zum Gehorsam und dem Konzept des monastischen Lebens an sich. (NZ)

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