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Russland: Erzpriester Uminskij wird Priesterwürde aberkannt

02. Februar 2024

Das Kirchengericht der Stadt Moskau hat am 13. Januar Erzpriester Alexej Uminskij die Priesterwürde aberkannt. Der prominente Moskauer Geistliche hatte wiederholt Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine kritisiert, zuletzt im November 2023 in einem Interview mit dem ehemaligen Chefredakteur des aufgelösten Radiosenders Echo Moskvy. Am 5. Januar 2024 war er vom Dienst suspendiert und von seinem Posten als Vorsteher der Dreifaltigkeitskirche an der Chochlovskij-Gasse im Zentrum Moskaus entfernt worden, wobei die Eparchie keine Gründe für die Suspendierung angab.

Gläubige der Russischen Orthodoxen Kirche hatten sich mit einem offenen Brief an den russischen Patriarchen Kirill gewandt, der auch der Stadteparchie Moskau vorsteht, um sich für Erzpriester Uminskij einzusetzen. Seine Suspendierung verursache bei ihnen „riesigen Schmerz“. Uminskij habe seit 1990 unzählige Menschen zum Glauben geführt habe und eine „große, lebendige und aktive Gemeinde“ geschaffen. Er sei „in das reale Leben der Gesellschaft“ eingebunden und spreche mit den Menschen über aktuelle Themen. Seine „Predigten, Bücher, Artikel und öffentlichen Auftritte geben einer riesigen Menge Gläubigen Kraft und Unterstützung und beantworten Fragen, die die Menschen heute wirklich beschäftigen“. Zudem betonten sie das umfangreiche soziale Engagement von Uminskij und seiner Gemeinde für schwerkranke Kinder und Erwachsene in Hospizen, für Obdachlose und Häftlinge. Uminskijs Suspendierung entziehe Tausenden Menschen die spirituelle Unterstützung, eine „eine große Tragödie für viele Gläubige, für Patienten des Kinderhospizes, für Hunderte Häftlinge und Tausende Obdachlose“. Die Verfasser hofften, dass die Entscheidung „zugunsten des seelischen Gleichgewichts der Gläubigen“ revidiert werde

Auffallend ist das Tempo, in dem Uminskij verurteilt wurde. Nach seiner Suspendierung am 5. Januar wurde er am 11., 12. und 13. Januar vom Kirchengericht vorgeladen, wobei er jeweils „ohne Erklärung der Gründe“ nicht erschien. Wenn der Vorgeladene drei Mal nicht erscheint, darf das Gericht in seiner Abwesenheit ein Urteil fällen, was das Kirchengericht in Moskau schon am 13. Januar tat. Das Urteil muss noch von Patriarch Kirill bestätigt werden. Im Fall des prominenten orthodoxen Publizisten und Bloggers Erzdiakon Andrej Kurajev dauerte es von der Suspendierung vom Dienst 2020 bis zur Aberkennung des Rangs mehrere Monate. Nachdem ihm dasselbe Kirchengericht Anfang 2021 die Priesterwürde aberkannt hatte, dauerte es wiederum drei Monate, bis Patriarch Kirill das Urteil bestätigte. Zudem setze er es vorerst aus, erst nach dem Beginn des Kriegs gegen die Ukraine trat es schließlich in Kraft.

Verurteilt wird Erzpriester Uminskij wegen Eidbruchs auf Grundlage von Regel 25 der Heiligen Apostel, konkret wegen seiner „Weigerung“ in jedem Gottesdienst das Gebet über die Heilige Rus zu beten, wie von Patriarch Kirill angeordnet. Diese Begründung wurde von einem anonymen Experten für Kirchenrecht kritisiert. Die Erarbeitung und Änderung gottesdienstlicher Texte sei Aufgabe der entsprechenden Synodalkommission, bestätigt würden die Texte vom Hl. Synod. Laut dem Statut der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) obliege die „Regelung gottesdienstlicher Fragen“ insgesamt dem Hl. Synod. Dem Patriarchen der ROK stehe es hingegen nicht zu, die gottesdienstliche Praxis zu ändern, was er aber getan habe, indem er das Gebet über die Heilige Rus als Bestandteil der Gottesdienste in allen Kirchen der ROK angeordnet habe. Weder die Synodalkommission noch der Hl. Synod seien involviert gewesen. Somit könne die Weigerung, das Gebet vorzutragen, nicht als Regelverstoß gewertet werden, schließt der Experte.

Das „Gebet über die Heilige Rus“ wurde Ende Februar 2022, also kurz nach dem Beginn der russischen Großinvasion in die Ukraine, im Moskauer Patriarchat verfasst und von Patriarch Kirill abgesegnet. Im ursprünglichen Wortlaut war die Rede von irgendeinem Angriff auf die Heilige Rus durch andere Völker und die Rettung vor diesem Angriff. Nach der Verkündung der Teilmobilmachung in Russland im September 2022 änderte der Patriarch den Text, die zentrale Bitte betrifft nun den Sieg über die Angreifer. Dieses Gebet muss in jeder Liturgie in jeder Kirche der ROK auf dem Territorium Russlands und im Ausland vorgetragen werden. In einem Interview hatte Alexej Uminskij gesagt, dass die „Worte der Unversöhnlichkeit, des Kriegszustands der Spezialoperation“ mit der Liturgie überhaupt nicht zusammenpassten. Es sei klar, dass dies für sehr viele Menschen, die zum Beten und zur „Erfüllung des evangelischen Gebots des Friedens“ in die Kirche gingen, einen Missklang erzeuge.

Gegenüber der Novaja Gazeta erklärte der Sekretär des Kirchengerichts, dass das Verfahren gegen Uminskij noch nicht endgültig abgeschlossen sei. Noch weiter ging ein Kommentator des orthodoxen Fernsehsenders Tsargrad, der sagte, dass die „zuständigen weltlichen Organe“ Alexej Uminskij nicht ins Ausland flüchten ließen, und dass sein „Fall nicht nur von einem Kirchengericht untersucht werden wird“. Dabei hat sich laut der Novaja Gazeta in der ROK die Praxis etabliert, Geistlichen, die ins Visier der Behörden geraten sind, zunächst in einem innerkirchlichen Verfahren die Priesterwürde abzuerkennen. So fällt kein schlechtes Licht auf die ROK. (NZ)

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