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Wie weiter in der Ukraine?

G2W-Jahrestagung 2014 in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Osteuropäische Geschichte der Universität Zürich.

Mittwoch, 21. Mai, 16:00 – 20:30 Uhr
Universität Zürich, Hauptgebäude, Kollegiengebäude 2, Hörsaal KO2-F-150
Rämi-Str. 71, 8006 Zürich

FLYER (pdf 1,7 mb)

Programm
16:00 Uhr Öffentliche Mitgliederversammlung
17:30 Uhr Apéro
18:15 Uhr Abendveranstaltung zum Thema: Wie weiter in der Ukraine?
 
Referenten
Prof. em. Dr. Andreas Kappeler, Institut für Osteuropäische Geschichte, Universität Wien
Prof. Dr. Thomas Bremer, Ökumenisches Institut der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Dr. Jonas Grätz, Center for Security Studies, ETH Zürich
Moderation: Prof. Dr. Nada Boškovska, Historisches Seminar der Universtität Zürich, Abteilung für Osteuropäische Geschichte
 

Tagungsbericht

Am 21. Mai fand an der Universität Zürich die Jahrestagung von G2W statt. Im Anschluss an die ordentliche Mitgliederversammlung, an der der Vorstand und die Mitarbeitenden über die Entwicklung des Instituts, seiner Zeitschrift und der Projektarbeit in Russland Auskunft gaben, veranstaltete das Institut in Kooperation mit der Abteilung für Osteuropäische Geschichte am Historischen Seminar der Universität Zürich eine öffentliche Abendveranstaltung zum Thema „Wie weiter in der Ukraine?"

In dem Einführungsvortrag „Russland und die Ukraine. Ein asymmetrisches Verhältnis“ ging Andreas Kappeler, Professor emeritus für Osteuropäische Geschichte an der Universität Wien, auf die Nachbarschaftsgeschichte der beiden Länder und deren gegenseitigen Verflechtungen ein. Beiden Ländern sei gemein, dass sie junge, ungefestigte Staaten und Nationen seien; dies werde in der Regel zwar immer mit Blick auf die Ukraine hervorgehoben, aber auch die Russische Föderation sei eine staatliche Neugründung nach dem Untergang der Sowjetunion und habe mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie die Ukraine. Neben dieser Symmetrie hob Prof. Kappeler aber vor allem die Asymmetrien im ukrainisch-russischen Verhältnis hervor: Die russische Politik unter Vladimir Putin habe in den letzten Jahren immer stärker imperiale Züge angenommen, die an Traditionen des Zarenreichs und der Sowjetzeit anknüpften und die Staats- und Nationsbildung der Ukraine nachhaltig bedrohten. Vor diesem Hintergrund sei es kaum verwunderlich, dass sich die ukrainische Nationsbildung in Abgrenzung zu Russland entwickelt habe. Fazit des Vortrags war, dass die aggressive Politik Russland gegenüber der Ukraine das lange Zeit gute Verhältnis zwischen Russen und Ukrainern gefährdet, und dass der gegenwärtige Konflikt vermutlich nur Verlierer hervorbringen wird (s. auch den Kommentar in RGOW 5-6/2014, S. 3).

Auf den Vortrag von Andreas Kappeler folgten zwei Kurzstatements von Thomas Bremer, Professor für Ökumenik, Ostkirchenkunde und Friedensforschung an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster, und von Jonas Grätz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Center for Security Studies der ETH Zürich. Prof. Bremer beleuchtete die komplexe kirchliche Situation in der Ukraine und ging auf das unterschiedliche Handeln der Kirchen während des Majdan ein. Jonas Grätz umriss die katastrophale wirtschaftliche Situation der Ukraine, die dringend auf westliche Hilfsgelder angewiesen sei. Besonders hob er die wirtschaftliche Abhängigkeit der Ukraine von Russland aufgrund der Gaspreise hervor. Besorgniserregend sei zudem, dass sich aufgrund des russisch-ukrainischen Konflikts die oligarchischen Strukturen im Osten der Ukraine wieder verfestigten, obwohl ein Hauptanliegen des Majdan gerade deren Auflösung gewesen sei.

Unter der Moderation von Prof.in Nada Boškovska von der Universität Zürich schloss sich nach den Vorträgen eine lebhafte Podiumsdiskussion an, bei der es vor allem um die aktuelle politische Entwicklung ging: die eskalierende Situation im Osten der Ukraine, die Herausforderungen an die neue ukrainische Regierung nach der Präsidentschaftswahl und das angemessene Vorgehen der westlichen Staaten gegenüber Russland. Während Thomas Bremer und Andreas Kappeler eher skeptisch in die Zukunft blickten und davon ausgingen, dass Putin so lange wie möglich versuchen werde, die innenpolitischen Entwicklungen in der Ukraine zu beeinflussen, gab sich Jonas Grätz verhalten optimistisch, was die Zukunftsperspektiven der neuen ukrainischen Regierung betrifft.

Stefan Kube