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RGOW 4-5/2021: Belarus. Historische und kulturelle Erkundungen

Nachdem wir in der Dezember-Ausgabe die Reaktionen der Religionsgemeinschaften auf die Proteste in Belarus und die soziopolitische Situation in den Blickgenommen haben, bieten wir in dieser Ausgabe vertiefte Einblicke in Geschichte und Kultur des Landes an der „Grenzzone der Imperien“. Alfons Brüning präsentiert die komplexe Religionsgeschichte von Belarus, das heute an Polen, Litauen, Lettland, die Ukraine und Russland grenzt. Diese erklärt, weshalb Religion bei der Herausbildung einer kollektiven belarusischen Identität keine starke Rolle spielt, wie Nelly Bekus weiter ausführt. Zu dieser Identität trug eher die Geschichte der Belarusischen Sowjetrepublik im 20. Jahrhundert bei, in der laut Thomas Bohn vor dem Zweiten Weltkrieg eine Belarusifizierung, danach jedoch mit zunehmender Urbanisierung und Industrialisierung eine Russifizierung stattfand. An Sowjetzeiten orientiert sich laut Kristiina Silvan nach wie vor Lukaschenkos Jugendpolitik. Weit kreativer präsentiert sich das gegenwärtige belarusische Kunst-, Musik- und Literaturschaffen wie Nina Weller und Vitali Alekseenok in ihren Beiträgen eindrücklich zeigen.

pdfInhaltsverzeichnis und Editorial

Lesen Sie in dieser Ausgabe:

Navalnyj und wie weiter?

Jens Siegert
Ende Januar hat Russland eine nie dagewesene Protestwelle erlebt, die mit einem massiven Aufgebot der Sicherheitskräfte zurückgedrängt wurde. Grund war die Verhaftung des oppositionellen Politikers Alexej Navalnyj nach seiner Rückkehr aus Deutschlan…

Nicht das Ende Europas – Zur Religionsgeschichte von Belarus

Alfons Brüning
Belarus lag jahrhundertelang an einer „Grenzzone der Imperien“, was die Kultur- und Religionsgeschichte des Landes entscheidend prägte. Heute nur noch eine kleine Minderheit waren die Griechisch-Katholischen bis weit ins 19. Jahrhundert eine de…

Von Hiesigen zu Sowjetmenschen – Belarus im 20. Jahrhundert

Thomas M. Bohn
Erst mit der Gründung der Belarusischen Sozialistischen Sowjetrepublik konnte sich die belarusische Staats- und Nationsbildung entfalten. In der Zwischenkriegszeit wurden die Landesgrenzen fixiert und eine kulturelle Belarusifizierung betrieben. Die…

Politische Krise und vertagte Verfassungsreform in Belarus

Maryia Rohava
Auf die Protestbewegung hat das Lukaschenka-Regime mit massiven Repressionen reagiert, so dass öffentliche Reformforderungen weitgehend verstummt sind. Auch die seit Jahren angekündigte, den Protestierenden im Herbst in Aussicht gestellte Verfassung…

Religion für die Nation? Kirchen und Staat in Belarus

Nelly Bekus
Bei der Nationsbildung nach der Unabhängigkeit von Belarus spielten die orthodoxe und katholische Kirche keine tragende Rolle. Die katholische Kirche verfolgte allerdings seit den 1990er Jahren eine Belarusifizierung des religiösen Lebens. Bis zu de…

Jugendpolitik in Lukaschenkas Belarus

Kristiina Silvan
Die Protestwelle in Belarus hat Lukaschenka u. a. als Versagen der Jugendpolitik interpretiert, deren Vehikel die „Belarusische Republikanische Jugendunion“ ist. Hauptaufgabe der Jugendorganisation ist die Förderung des offiziellen Patriotismus. Sei…

Die belarusische Literatur zwischen Aufbruch und Repression

Nina Weller
In Belarus hat sich seit den 1990er Jahren eine lebendige Literaturlandschaft entfaltet. Doch die nicht-staatlichen Verlage und Literaturschaffenden befinden sich in einer prekären Situation: Sie sind kulturpolitischen und administrativen Einschränk…

Zwischen Aktivismus und Repression: Kunstszene in Belarus

Vitali Alekseenok
Die Präsidentschaftswahl im Sommer 2020 bedeutete für die Kunst- und Musikszene in Belarus einen Einschnitt. Schon zuvor war der Rahmen des Möglichen für Kunstschaffende eng und Grenzüberschreitungen wurden geahndet. Seit der Wahl haben sich neue Fo…